
Auf der wirtschaftlichen Sorgenskala der Bundesbürger steht das Thema seit Monaten weit oben. Im Juli zogen die Preise um 1,2 Prozent zum Vorjahresmonat an; im Juni waren es nur 0,9 Prozent gewesen. Vor allem höhere Benzin- und Nahrungsmittelpreise trieben die Rate nach oben. Allerdings rechnen die meisten Ökonomen damit, dass die Teuerung 2010 im Schnitt unter zwei Prozent bleibt – jener Grenze, bis zu der die Europäische Zentralbank (EZB) Preisstabilität gewährleistet sieht.
Doch wie lange bleibt die Lage so entspannt? Mindestens bis 2012, sagen Experten, weil die Konjunktur in vielen Industrieländern nicht nachhaltig in Fahrt kommt. Doch die Sorge der Menschen reicht weiter: Wohin tendiert die Inflation mittel- und langfristig? Die am Donnerstag veröffentlichte Quartalsumfrage der EZB unter Ökonomen lässt da einige Rückschlüsse zu: Danach erwarten die 43 befragten Volkswirte für 2015 im Schnitt 2,0 Prozent Inflation im Euro-Raum. Mehr als ein Viertel der Befragten sehen die Rate zwischen 2,0 und 2,4 Prozent, weitere 17 Prozent gar über 2,5 Prozent – ein leichter Pessimismus-Anstieg gegenüber der vergangenen Umfrage. Das ist immer noch moderat, doch klar über der Zielmarke der EZB.
Deutschland über dem Schnitt
In Deutschland könnte der Preisauftrieb zudem stärker ausfallen als im Euro-Zonen-Schnitt. Denn die Südländer drücken durch ihre neue Sparpolitik die Teuerung nach unten, während die deutsche Industrie boomt, was tendenziell die Preise treibt. Die Kapazitätsauslastung liegt derzeit fast wieder auf dem langfristigen Durchschnitt von 83 Prozent und dürfte angesichts der guten Auftragslage weiter anziehen. „In einem solchen Umfeld werden die Unternehmen bei den Löhnen eher zu Zugeständnissen bereit sein, um keine Streiks zu riskieren“, schreiben die Volkswirte der Commerzbank. Wenn 2012 das Gros der Tarifabschlüsse ausläuft, könnte der Preisdruck steigen. Ob die EZB dann rechtzeitig gegensteuert, bleibt die große Frage.