Der scheidende Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel lässt mit der Forderung nach mehr Investitionen nicht locker. „Wir brauchen bei Spielräumen und Haushaltsüberschüssen Vorfahrt für Investitionen - nur so sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland“, sagte Gabriel in Berlin nach Beratungen des Bundeskabinetts über den Jahreswirtschaftsbericht. In einer Phase des grundlegenden Wandels dürfe nicht nur ans Sparen gedacht werden: „Wir müssen uns neu anstrengen. Denn Zukunft gewinnen wir nur mit einem großen, massiven und mutigen Investitionspakt.“
Union und SPD streiten aktuell über die Verwendung des Haushaltsüberschusses von 6,2 Milliarden Euro aus 2016. Gibt es keine Einigung, fließt das Geld automatisch in die Rücklage für Flüchtlingskosten. Aktuell beträgt das Polster 12,8 Milliarden Euro.
Der Vize-Kanzler warnte erneut, der wachsende Protektionismus der neuen US-Regierung und im Zuge des EU-Austritts Großbritanniens sei der falsche Weg, um Wohlstand für alle zu schaffen. Auch die US-Industrie sei in globale Wertschöpfungsketten eingebunden. „Schutzzölle auf Zulieferungen werden eher auch der US-Regierung langfristig schaden. Abschottung macht am Ende alle ärmer.“ Es gebe aber keinen Grund für Panik oder gar Unterwürfigkeit, sagte Gabriel. Die deutsche Exportwirtschaft sei breit aufgestellt. Durch Abschottung ergäben sich neue Räume, die genutzt werden müssten.
Die Vorlage des Jahreswirtschaftsberichtes im Kabinett und später noch im Bundestag dürfte Gabriels letzter größerer Termin als Wirtschaftsminister sein. Nach seinem Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur und den SPD-Vorsitz will er in den verbleibenden acht Monaten bis zur Bundestagswahl als Außenminister im schwarz-roten Kabinett weitermachen.
Im Jahreswirtschaftsbericht sagt die Bundesregierung für dieses Jahr einen Jobrekord voraus. Die Zahl der Erwerbstätigen werde sich nochmals um 320.000 auf mehr als 43,8 Millionen Menschen erhöhen. Die Arbeitslosenquote dürfte sich bei 6 Prozent stabilisieren. Das Wirtschaftswachstum komme bei vielen Menschen an, sagte Gabriel. Die Lohnquote steige, viele verdienten mehr. Das heiße nicht, dass es für alle Menschen gut aussehe. Aber die Trendwende sei geschafft.
Die deutsche Wirtschaft werde 2017 um 1,4 Prozent zulegen. 2016 war die Wirtschaftsleistung noch um 1,9 Prozent gestiegen. Der Rückgang in diesem Jahr lasse sich zum großen Teil auf eine geringere Zahl von Arbeitstagen zurückführen. Bereinigt um diesen Effekt betrage das Konjunkturplus 1,6 Prozent. Der von internationalen Partnern und der EU oft kritisierte Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands wird laut Gabriel etwas sinken - aufgrund merklich steigender Importe und nur moderat wachsender Exporte: „Das wird die Europäische Kommission und die OECD freuen.“