Mit einem überraschenden Strategiewechsel hat die japanische Zentralbank Schockwellen durch die Märkte geschickt. Die Bank of Japan (BoJ) entschied nach zweitägiger Sitzung, die Spanne, in der sich die langfristige Anleiherendite bewegt, zu lockern. Das wurde an den Märkten als erster Schritt hin zu einer Straffung der geldpolitischen Zügel gewertet. Bis zu diesem Tag hatte die BoJ stets betont, als einzige große Zentralbank der Welt ihre Strategie der extrem lockeren Geldpolitik und Stützung der heimischen Nachfrage beizubehalten.
Die BOJ hielt zwar an ihrem Programm fest, die Kreditkosten auf einem Tiefststand zu halten. Sie beschloss jedoch, die Renditen zehnjähriger japanischer Staatsanleihen zwischen minus 0,5 Prozent und 0,5 Prozent zuzulassen. Das liegt über der aktuellen Spanne von minus 0,25 Prozent und 0,25 Prozent. Die Entscheidung überraschte selbst Ökonomen. In Reaktion darauf gab der Nikkei-Index an Tokios Börse stark nach, während der Yen zum Dollar deutlich anzog.
Der Schritt der BoJ bedeutet nach Einschätzung von Ökonomen, dass die Kreditzinsen für Unternehmen und Haushalte ansteigen werden und die Zentralbank in Zukunft weniger Regierungsanleihen in den Märkten kaufen wird. Die BoJ hält über 50 Prozent der Regierungsanleihen.
Schneller schlau: Inflation
Wenn die Preise für Dienstleistungen und Waren allgemein steigen – und nicht nur einzelne Produktpreise – so bezeichnet man dies als Inflation. Es bedeutet, dass Verbraucher sich heute für zehn Euro nur noch weniger kaufen können als gestern noch. Kurz gesagt: Der Wert des Geldes sinkt mit der Zeit.
Die Inflationsrate, auch Teuerungsrate genannt, gibt Auskunft darüber, wie hoch oder niedrig die Inflation derzeit ist.
Um die Inflationsrate zu bestimmen, werden sämtliche Waren und Dienstleistungen herangezogen, die von privaten Haushalten konsumiert bzw. genutzt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) beschreibt das wie folgt: „Zur Berechnung der Inflation wird ein fiktiver Warenkorb zusammengestellt. Dieser Warenkorb enthält alle Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte während eines Jahres konsumieren bzw. in Anspruch nehmen. Jedes Produkt in diesem Warenkorb hat einen Preis. Dieser kann sich mit der Zeit ändern. Die jährliche Inflationsrate ist der Preis des gesamten Warenkorbs in einem bestimmten Monat im Vergleich zum Preis des Warenkorbs im selben Monat des Vorjahrs.“
Eine Inflationsrate von unter zwei Prozent gilt vielen Experten als „schlecht“, da sie ein Zeichen für schwaches Wirtschaftswachstum sein kann. Auch für Sparer sind diese niedrigen Zinsen ein Problem. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflation von zwei Prozent an.
Deutlich gestiegene Preise belasten Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können sich für ihr Geld weniger leisten. Der Privatkonsum ist jedoch eine wichtige Stütze der Konjunktur. Sinken die Konsumausgaben, schwächelt auch die Konjunkturentwicklung.
Von Disinflation spricht man, wenn die Geschwindigkeit der Preissteigerungen abnimmt – gemeint ist also eine Verminderung der Inflation, nicht aber ein sinkendes Preis-Niveau.
Es sei ein „erster Schritt zu einem Politikwechsel weg von extrem niedrigen Zinssätzen und hin zu einer ausgewogeneren Politik, die auch die deutlich angezogenen Preise und den extrem schwachen Yen mit einbezieht”, erklärte Martin Schulz, Chefökonom beim japanischen Technologiekonzern Fujitsu, den überraschenden Schritt der BoJ.
Angesichts der international anziehenden Inflation und des inzwischen extrem schwachen Yen versuche die Geldpolitik jetzt diese Herausforderung „ausgewogener” und mit langfristig wieder höheren Zinsen anzugehen. Dies stellt die Regierung von Ministerpräsident Fumio Kishida vor die neue Herausforderung, über höhere Steuern zur Finanzierung ihrer Ausgaben nachzudenken.
Auch die Unternehmen werden sich in Zukunft auf billiges Geld nicht mehr verlassen können. Nach Einschätzung von Ökonomen müssen sie nun verstärkt in ihre Wettbewerbsfähigkeit zum Beispiel durch Digitalisierung investieren.
Lesen Sie auch: So schützen Sie Ihr Portfolio vor der Inflation