Es sind keine wirklich schlechten Nachrichten, die die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute am Donnerstag in ihrem Frühjahrsgutachten verkündet haben. Die Ökonomen revidierten ihre Wachstumsprognose für 2016 zwar leicht nach unten (von 1,8 auf 1,6 Prozent), sehen die Wirtschaft aber weiter auf Kurs. Dies liegt vor allem am privaten Konsum, der angesichts niedriger Inflation, stabiler Arbeitsmarktdaten und steigender Löhne in diesem Jahr deutlich zulegen dürfte.
Vom Export, dem traditionellen deutschen Wachstumstreiber, erwarten die Institute hingegen wenig bis gar nichts. „Die Importe steigen so deutlich, dass der Außenhandel den Produktionsanstieg in diesem Jahr per saldo kräftig dämpfen wird“, heißt es im Gutachten.
Die zahlreichen Kritiker des exportlastigen deutschen Wachstumsmodells mögen diese Entwicklung toll finden und frohlocken. Doch ist es wirklich gut für unseren Wohlstand, wenn die Welt weniger deutsche Autos, Maschinen und Industrieanlagen kauft?
Die stockende Auslandsnachfrage hat dem verarbeitenden Gewerbe in Deutschland im Februar bereits ein überraschend deutliches Auftragsminus von 1,2 Prozent gegenüber dem Vormonat beschert. Dies ist der stärkste Rückgang seit August 2015. Überdurchschnittlich stark schrumpfte das Geschäft mit Ländern der Euro-Zone – und genau hier liegt das Problem.
Konjunkturindikatoren
Der vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) herausgegebene Index beruht auf der Befragung von 350 Analysten und Finanzmarktexperten. Sie geben dabei ihre Einschätzung über die künftige Wirtschaftsentwicklung ab. Der Index zur mittelfristigen Konjunkturentwicklung ergibt sich aus der Differenz der positiven und negativen Erwartungen über die künftige Wirtschaftsentwicklung. Er wird zur Monatsmitte erhoben.
Der international beachtete Index basiert auf einer Befragung von etwa 7000 Unternehmen aus Bau, Einzelhandel und Industrie. In einem Fragebogen beurteilen sie ihre gegenwärtige Geschäftslage sowie die Erwartungen für die Zukunft. Beide werden im Geschäftsklima zusammengefasst. Der Index ergibt sich aus dem Saldo der Antworten „gut“ und „schlecht“.
Wird von der britischen Forschergruppe Markit erhoben. Er beruht für Deutschland auf Umfragen unter Einkaufsmanagern von 500 repräsentativ ausgewählten deutschen Industrieunternehmen. Bestandteile des Index sind Auftragseingänge, Preise und Beschäftigung. Der Index hat einen relativ kurzen Vorlauf gegenüber der Produktion.
Umfasst den Bargeldumlauf und die Sichteineinlagen, wie zum Beispiel Sparbücher. Da die in M1 enthaltenen Bestandteile direkt für Transaktionen zur Verfügung stehen, deutet ein Anstieg darauf hin, dass die Kaufbereitschaft der Konsumenten und Unternehmen steigt. Der Indikator hat einen Vorlauf von zwei bis drei Quartalen.
Der BDI ist ein Preisindex für die Verschiffungskosten wichtiger Rohstoffe wie Stahl, Eisenerz, Kohle und Getreide auf Standardrouten. Er wird durch das Angebot an frei stehendem Schiffsladeraum und die Hafenkapazitäten beeinflusst. Da Rohstoffe als Vorprodukte am Anfang der Wertschöpfungskette stehen, ist der BDI ein guter Frühindikator für die Weltkonjunktur.
Der Index des Nürnberger Marktforschungsinstituts GfK prognostiziert die Veränderung der monatlichen privaten Konsumausgaben. Hierfür werden 2000 repräsentativ ausgewählte Personen nach ihren Einkommens- und Konjunkturerwartungen befragt.
Denn die Euro-Krise ist noch lange nicht ausgestanden. Sie schwelt unter der Oberfläche beständig weiter. Wenn sie wieder ausbricht, könnte dies zu einem so starken Rückgang der deutschen Exporte führen, dass eine Wachstumsrate von 1,5 Prozent Makulatur wäre.
Der Anteil der deutschen Exporte, der in die Eurozone geht, ist wegen der wachsenden Bedeutung der Schwellenländer zwar rückläufig, liegt aber immer noch bei rund 36 Prozent.
Schauen wir uns die Lage in der Währungsunion an: Spanien hat keine stabile Regierung. Griechenland ist immer noch pleite und setzt geforderte Reformen wie ehedem nur in Zeitlupe um.
Die Euro-Krise schwelt weiter
In Portugal entscheidet Ende April die Ratingagentur DBRS, ob sie dem Land (wie die anderen Bonitätswächter) den Investmentgrade-Status entzieht. Senkt sie den Daumen, darf die Europäische Zentralbank keine portugiesischen Staatsanleihen mehr kaufen. Finanzmarktturbulenzen sind dann programmiert.
Konjunktur auf wackligem Fundament
Italien verabschiedet sich derweil zum xten Mal von seinen Schuldenabbauplänen. Ministerpräsident Renzi will 2017 das Defizit erhöhen und das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts auf 2019 verschieben.
Hinzu kommt im Juni die Volksabstimmung in Großbritannien über einen Austritt aus der Europäischen Union.
Ein Abschied der liberalen und eigensinnigen Briten aus der EU wäre nicht nur politisch verheerend, weil er die EU staatsgläubiger und interventionistischer machen würde. Er wäre womöglich auch Brandbeschleuniger für eine neuerliche ökonomische Krise in Europa.
Freuen wir uns also über die noch einigermaßen stabile Konjunktur in Deutschland – vergessen aber nicht, auf welch wackligem Fundament wir stehen. Während die inländische Nachfrage saisonbereinigt um 0,9 Prozent zulegte, kamen aus dem Ausland 2,7 Prozent weniger Bestellungen. Der ifo-Geschäftsklimaindex zeigt wieder nach oben.
Und auch der Earlybird-Frühindikator, den die Commerzbank exklusiv für die WirtschaftsWoche ermittelt, hat im März deutlich zugelegt. Das Barometer, das einen Vorlauf gegenüber der Realwirtschaft von sechs bis neun Monaten hat, verließ den Negativbereich und kletterte auf 0,28 Zähler.
Der Indikator erfasst den Außenwert des Euro, die kurzfristigen Realzinsen sowie (als Messgröße für die Lage der Weltwirtschaft) einen Welteinkaufsmanagerindex, in den die Einkaufsmanagerindizes der USA, des Euro-Raums und Chinas eingehen.