
Am Ende blieb nur die Emigration. Paris verlassen. Die Stadt, in der er reich wurde, zum hoch angesehenen Bürger, zum Gründer der Banque Royale, die so lange mit den Aktien der Handelsgesellschaft „Compagnie de la Louisiane ou d’Occident“ gutes Geld machte. Für die Kunden und die Bürger. Bis alle Hoffnungen platzten, dass die auf Deutsch „Mississippi-Kompanie“ genannte Gesellschaft jemals einen Gewinn in Amerika erwirtschaften würde.
Der unrühmliche Abgang anno 1719 beendete eine der schönsten Geschichten der Wirtschaftshistorie, mit einem schillernden Protagonisten, einem Glücksspieler, der als Kunsthändler in Venedig sein Leben beschloss: John Law (siehe Kasten). Ein reiches Erbe hat er gleichwohl hinterlassen. Eines, das alle Mechanismen und Wirkungen birgt, die dieser Tage verhöhnt werden, wenn es bei Geschäften heißt: Da wächst eine Blase.
Die Blasen der vergangenen Jahre
Keiner will sie, doch alle machen mit. Blasen sind nicht nur am Fuß unangenehm, nein, auch in der Konjunktur schwillt schon beim zarten Wachstum eines Finanz- oder Handelssektors das panische Sirenengeheul der Warner an: „Achtung! Die Blase platzt.“ Wir haben noch die Bilder verzweifelter Hausbesitzer in den USA vor Augen, die infolge der wohl wirkungsreichsten Übertreibung der jüngeren Vergangenheit vor ihren hoch beliehenen und inzwischen unverkäuflichen Häusern standen. Wir erinnern uns auch an die vielen Kleinanleger in Deutschland, die vor Zorn auf die Sessellehne geschlagen haben, als sie mit ansehen mussten, wie ihre mühsam ersparten D-Mark-Summen sich in Form von Telekom-Aktien dezimierten. Blase, das ist Dotcom-Tod, das ist Immobilien-Crash in den USA, das ist Gold, das ist aktuell der Wohnungsmarkt in Berlin.
Spekulationen gehören zum Leben dazu
Die Blase lebt von der Spekulation. Und die ist überall im Spiel. Bei Toto-Lotto ebenso wie beim Schwur der ewigen Treue, denn nicht umsonst heißt es „Eheversprechen“ statt „Ehegarantie“. Das Brautpaar kann scheitern, es kann aber auch Hand in Hand dem Lebensabend entgegengehen. Allemal ist der Bund fürs Leben ein zwischenmenschliches Arrangement, das auf der Investition von Gefühlen, Zeit und Aufmerksamkeit für den Anderen basiert. Sonst ist schnell Schluss mit der Starthilfe der Natur in Form von Adrenalin – und die Wahrheit kommt ans Licht: Das Gegenüber hält nicht, was es in der Euphorie des Beginns versprach.
Wir spekulieren den ganzen Tag, mit der leichten Sommerjacke auf wärmende Frühlingssonnenstrahlen, mit der dicken auf kalte Winde. Mit der Wahl des Fernsehprogramms auf gute Unterhaltung, mit dem ersten Besuch eines unbekannten Restaurants auf ein gelungenes Mahl. Und nie können wir absolut sicher sein.
Das Prinzip Hoffnung
Immer steckt dahinter eine Wette, die Annahme, etwas würde schon so werden, wie man glaubt. Geht es nur darum, ob „Power Boy“ im dritten Rennen auf Platz eins, zwei oder drei kommt, dann ist der Buchmacher zuständig. Basiert die Wette auf Kennzahlen wie Umsatz oder Gewinn, so kommt die Börse ins Spiel, die Spekulation der Aktionäre. Das Prinzip ist dasselbe – es heißt Hoffnung. Hoffnung darauf, dass etwas besser wird (auch wenn die Wette auf fallende Kurse zunächst suggeriert, es wäre andersrum, für den Spekulanten ist im Falle des Eintritts seine persönliche Bilanz positiv). Alles kann besser werden: Das Autounternehmen kann leichtere, schnellere und sicherere Autos entwickeln, der Bauherr die künftigen Hotspots der Metropole erahnen, der Chemiegigant das Basisprodukt der nächsten industriellen Revolution erfinden.