Konjunktur Warum wächst die Weltwirtschaft so schwach?

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Gefährliche Nebenwirkungen

Zwar expandiere der private Konsum derzeit mit Raten von rund drei Prozent. Doch die ultralockere Geldpolitik habe gefährliche Nebenwirkungen in Form von Assetpreisblasen geschaffen. So lägen die Aktienkurse derzeit um rund 40 Prozent über ihrem historischen Durchschnitt, sagte Feldstein. Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen müssten gemessen an der wirtschaftlichen Situation eigentlich doppelt so hoch ausfallen. Auch die Zinsen für risikoreiche Unternehmensanleihen seien viel zu niedrig.

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Der Harvard-Ökonom fürchtet, dass die realen Leitzinsen trotz der jüngst eingeleiteten Zinswende der Fed noch viel zu lange im negativen Bereich verharren werden. Das kurbele die Inflation an und treibe die Renditen für Staatsanleihen nach oben. Dadurch könnten die Preise für Aktien und Immobilien wieder auf Talfahrt gehen. Das Vermögen der Bürger schmelze dann dahin wie Schnee in der Sonne, ihre Konsumfreude ebenfalls. In diesem Fall sei eine Rezession nicht mehr auszuschließen.

Um die US-Wirtschaft auf einen höheren Wachstumspfad zu bringen, empfiehlt Feldstein Deregulierungen und eine Steuerreform, die keine zusätzlichen Belastungen für die Bürger bringt. Dass die Politiker derzeit nichts in diese Richtung unternähmen, sei der Tatsache geschuldet, dass sie glaubten, die Finanzkrise überwunden zu haben. "Das abnehmende Krisenbewusstsein hat die Politiker selbstgefällig werden lassen", sagt Feldstein.

Eine andere Sicht vertritt Joseph Stiglitz, Nobelpreisträger von der Columbia Universität in New York. Er sieht den Grund für das blutleere Wachstum nicht im Mangel an Reformen, sondern im Mangel an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage. "Hätte die Regierung die Nachfrage nach der Finanzkrise stärker stimuliert, ginge es der Wirtschaft heute besser", urteilt Stiglitz.

Hilft Keynes?

Daher sprach er sich für höhere Staatsausgaben aus, die durch höhere Steuern finanziert werden. Das löse Multiplikatoreffekte aus, die das Wachstum stärkten. Konkret forderte er die Regierung auf, die Umweltsteuern zu erhöhen und die Einnahmen daraus in den Ausbau der Infrastruktur und der Bildung zu stecken.

Die expansive Geldpolitik der Fed sieht Stiglitz hingegen kritisch. Niedrige Zinsen regten zwar die Investitionen an. Doch die höhere Kapitalintensität der Produktion vernichte Arbeitsplätze. Zudem verschärften die Anleihekäufe der Fed die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen, die das Wachstum ebenfalls bremse.

Für mehr staatliche Investitionen sprach sich auch Catherine Mann, Chefökonomin der OECD, aus. Weltweit seien die Investitionen extrem schwach, konstatierte sie. In den USA lägen sie derzeit nur um fünf Prozent über ihrem Vorkrisenniveau. Gemessen an früheren Aufschwüngen müssten sie jedoch um 20 bis 40 Prozent höher sein. Noch übler sei es um die Investitionen in Europa bestellt, die Entwicklung auf dem alten Kontinent sei ein "wahres Desaster".

Ausschlaggebend für die Investitionsschwäche sei ein Bündel an Ursachen. Größtes Investitionshemmnis sei die allgemeine Nachfrageschwäche. Dazu kämen geopolitische Unsicherheiten sowie der Mangel an Liberalisierungen auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten.

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