Konjunktur Ifo-Geschäftsklima hellt sich im April auf

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft ist im April unerwartet deutlich gestiegen. Der BDI warnt aber vor zu großem Optimismus.

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Konjunktur: Ifo-Geschäftsklima hellt sich im April auf Quelle: dpa

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist so gut wie seit fast sechs Jahren nicht mehr. Der Geschäftsklimaindex kletterte im April unerwartet deutlich um 0,5 auf 112,9 Punkte und damit den dritten Monat in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter 7000 Führungskräften mitteilte. "Die deutsche Wirtschaft wächst kräftig", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Experten halten einen weiteren Anstieg für möglich, nachdem der wirtschafts- und europa-freundliche Emmanuel Macron als Sieger aus der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl hervorgegangen ist und gute Chancen auf einen Erfolg in der entscheidenden zweiten Runde gegen Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National hat.

"Nach der Frankreich-Wahl könnten auch einige der noch vorsichtigen Unternehmen ihre Bremsen lockern", erwartet der Deutschland-Chefvolkswirt der Großbank UniCredit, Andreas Rees. Die Führungskräfte bewerteten zwar die aktuelle Geschäftslage besser, blicken aber etwas vorsichtiger auf die kommenden sechs Monate. "Anscheinend hat die politische Unsicherheit den Geschäftserwartungen der Unternehmen Fesseln angelegt", erklärte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. "Mit dem sich abzeichnenden positiven Wahlausgang in Frankreich könnten sich diese aber vielleicht etwas lockern." Die Ifo-Umfrage war bereits vor dem ersten Wahlgang am Sonntag abgeschlossen. Die Stichwahl ist für den 7. Mai angesetzt. Mit einem Volumen von 167 Milliarden Euro ist Frankreich nach China wichtigster deutscher Handelspartner.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnt allerdings vor zu großem Optimismus. Fraglich sei, ob der Aufschwung robust genug sei, um den vielfältigen Risiken vor allem für die Exporteure zu trotzen, so BDI-Präsident Dieter Kempf auf der Hannover-Messe. Es sei besonders beunruhigend, dass aus den USA versöhnliche Signale in der Handelspolitik bisher ausblieben. US-Präsident Donald Trump erwägt, Einfuhren mit neuen Steuern oder Abgaben zu verteuern und so der heimischen Wirtschaft zu helfen.

Die "America First"-Politik des Republikaners bereitet etwa der deutschen Stahlindustrie immer größere Sorgen. "Wir sehen zunehmend die Gefahr eines offenen Protektionismus", sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. Er verwies auf die Anordnung Trumps, zu prüfen, ob Stahlimporte gegen die nationale Sicherheit der USA verstießen. Dies könnte zu Einfuhrbeschränkungen führen.

Bislang aber haben weder Trump noch der beschlossene EU-Abschied Großbritanniens die hiesige Firmen nachhaltig belastet. "Die deutsche Wirtschaft lässt sich in keiner Weise von politischer Unsicherheit beeindrucken", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. "Wenn die Unternehmen in ihre Auftragsbücher blicken, sehen sie, dass es richtig gut läuft." Das Geschäftsklima hellte sich im Groß- und Einzelhandel sowie in der Baubranche auf. In der Industrie trübte es sich dagegen ein wenig ein, weil die Manager hier nicht mehr ganz so optimistisch nach vorn blicken. "Die Produktion soll aber weiter steigen", sagte Ifo-Chef Fuest. "Insbesondere die Unternehmen aus der Elektrotechnik berichten von sehr guten Geschäften."

Die deutsche Wirtschaft profitiert derzeit von der Belebung der Weltkonjunktur, dem Bauboom und einem robusten Konsum. Die führenden Forschungsinstitute hoben deshalb zuletzt die Wachstumsprognosen für dieses Jahr von 1,4 auf 1,5 Prozent und für 2018 von 1,6 auf 1,8 Prozent an. Die Bundesbank befürchtet wegen des demografischen Wandels aber eine deutliche Abschwächung auf mittlere Sicht. Von 2021 bis 2025 werde das trendmäßige Wachstum voraussichtlich auf 0,75 Prozent von 1,25 Prozent in den Jahren 2011 bis 2016 zurückgehen. "Aus Sicht der Unternehmen könnte dieser Aspekt bereits gegenwärtig eine Rolle für die zurückhaltende Bereitschaft zu längerfristigen Investitionen spielen", warnten die deutschen Notenbanker in ihrem Monatsbericht. Nach ihren Berechnungen wird die Zahl der erwerbsfähigen Personen bis zum Jahr 2025 um fast 2,5 Millionen zurückgehen.

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