Konjunktur Industrie mit Auftragsplus – „Rezession vielleicht schwächer als befürchtet“

Nach zwei Rückgängen hat die deutsche Industrie wieder mehr Aufträge erhalten. Ohne Großaufträge hätte es allerdings einen Rückgang gegeben.

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Dank der anziehenden Auslandsnachfrage legten die Bestellungen zu. Quelle: dpa

Die deutsche Industrie hat im Oktober nach zwei Rückgängen in Folge wieder mehr Aufträge erhalten und nährt damit die Hoffnung auf eine milde Winterrezession. Die Bestellungen legten dank der anziehenden Auslandsnachfrage um 0,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gerechnet, nach Rückgängen von 2,9 Prozent im September und 2,0 Prozent im August.

Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank erkennt in der unerwartet positiven Entwicklung einen „Hauch von Nikolaus“ – zumal auch der Einbruch im Vormonat nicht so stark ausfiel wie zunächst gemeldet.

„Damit haben sich die Bestellungen, die sich seit Sommer 2020 im Zuge von Nachholeffekten und zunehmenden Lieferengpässen zeitweise deutlich gesteigert hatten, nunmehr etwas stabilisiert“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung. „Neben den leicht verbesserten Stimmungsindikatoren ist dies ein weiterer Hinweis darauf hin, dass die Rezession schwächer ausfallen könnte als befürchtet, auch wenn der Ausblick für die Industriekonjunktur verhalten bleibt.“

Allerdings ist nicht alles Gold, was glänzt. Ohne Großaufträge wären die Aufträge um 1,2 Prozent gesunken. Im Vergleich zum Oktober 2021 fiel das Neugeschäft zudem kalenderbereinigt um 3,2 Prozent niedriger aus.

Lieferketten funktionieren wieder besser

„Der Trend der Auftragseingänge weist weiter klar nach unten“, schlussfolgerte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer daraus. „Das stützt die Vermutung, dass sich die deutsche Wirtschaft langsam in Richtung einer milden Rezession bewegt, auch wenn ein wirtschaftlicher Einbruch wie nach der Finanzkrise wegen des Ausbleibens einer Gas-Rationierung unwahrscheinlich ist.“ Die anhaltende Unsicherheit bei den Energiepreisen stehe einer breiten Erholung im Weg, fügte Krämers Kollege Krüger hinzu.

>> Lesen Sie hier: Wie die Industrie die Preisbremsen für Strom und Gas noch ändern will

Die Bestellungen aus dem Inland nahmen im Oktober um 1,9 Prozent ab, die aus dem Ausland wuchsen hingegen um 2,5 Prozent. Während die Nachfrage aus der Euro-Zone um 2,6 Prozent zulegte, stieg das Neugeschäft mit dem restlichen Ausland um 2,5 Prozent. Die Aufträge für Investitionsgüter wie Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen nahmen diesmal um 3,2 Prozent zu, wozu vor allem die starke Nachfrage nach Kraftfahrzeugen beisteuerte. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern gab es einen Rückgang von 1,4 Prozent. Die Bestellungen für Konsumgüter brachen hingegen um 6,3 Prozent ein.

Die maue Weltkonjunktur, Materialmangel und vor allem die Energiekrise setzen der Industrie derzeit zu. Allerdings sitzen die Unternehmen auf einem dicken Auftragspolster, da viele Bestellungen wegen fehlender Vorprodukte und Rohstoffe nicht abgearbeitet werden konnten. Zudem funktionieren die Lieferketten wieder besser. „Dies spricht grundsätzlich für ein Anziehen der Industrieproduktion in den kommenden Monaten“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.

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