Die hohe Inflation hat die Reallöhne in Deutschland auch im ersten Quartal sinken lassen. Von Januar bis März wuchsen die Bruttomonatsverdienste der Arbeitnehmer einschließlich Sonderzahlungen zwar mit 5,6 Prozent zum Vorjahresquartal so kräftig wie noch nie seit Beginn dieser Statistik im Jahr 2008.
Allerdings stiegen die Verbraucherpreise im selben Zeitraum mit 8,3 Prozent deutlich stärker, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Daraus errechneten dessen Experten einen realen Verdienstrückgang von rund 2,3 Prozent.
„Ein Trend aus dem Jahr 2022 setzt sich somit fort: Die hohe Inflation zehrt das Lohnwachstum für die Beschäftigten auch zum Jahresbeginn 2023 mehr als auf“, so das Fazit der Statistiker. Weil viele Verbraucher deshalb weniger konsumieren, ist die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal in eine Rezession gerutscht.
Schneller schlau: Inflation
Wenn die Preise für Dienstleistungen und Waren allgemein steigen – und nicht nur einzelne Produktpreise – so bezeichnet man dies als Inflation. Es bedeutet, dass Verbraucher sich heute für zehn Euro nur noch weniger kaufen können als gestern noch. Kurz gesagt: Der Wert des Geldes sinkt mit der Zeit.
Die Inflationsrate, auch Teuerungsrate genannt, gibt Auskunft darüber, wie hoch oder niedrig die Inflation derzeit ist.
Um die Inflationsrate zu bestimmen, werden sämtliche Waren und Dienstleistungen herangezogen, die von privaten Haushalten konsumiert bzw. genutzt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) beschreibt das wie folgt: „Zur Berechnung der Inflation wird ein fiktiver Warenkorb zusammengestellt. Dieser Warenkorb enthält alle Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte während eines Jahres konsumieren bzw. in Anspruch nehmen. Jedes Produkt in diesem Warenkorb hat einen Preis. Dieser kann sich mit der Zeit ändern. Die jährliche Inflationsrate ist der Preis des gesamten Warenkorbs in einem bestimmten Monat im Vergleich zum Preis des Warenkorbs im selben Monat des Vorjahrs.“
Eine Inflationsrate von unter zwei Prozent gilt vielen Experten als „schlecht“, da sie ein Zeichen für schwaches Wirtschaftswachstum sein kann. Auch für Sparer sind diese niedrigen Zinsen ein Problem. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflation von zwei Prozent an.
Deutlich gestiegene Preise belasten Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können sich für ihr Geld weniger leisten. Der Privatkonsum ist jedoch eine wichtige Stütze der Konjunktur. Sinken die Konsumausgaben, schwächelt auch die Konjunkturentwicklung.
Von Disinflation spricht man, wenn die Geschwindigkeit der Preissteigerungen abnimmt – gemeint ist also eine Verminderung der Inflation, nicht aber ein sinkendes Preis-Niveau.
Immerhin: Die Kaufkraftverluste fielen geringer aus als in den drei vorangegangenen Quartalen, wo die Reallöhne sogar um bis zu 5,4 Prozent nachgaben. „Zu dieser Abfederung des Kaufkraftverlustes der Beschäftigten haben auch die Auszahlungen der Inflationsausgleichsprämie beigetragen“, hieß es dazu. Diese kann bis zu 3000 Euro betragen (steuer- und abgabefrei) und ist eine freiwillige Leistung der Arbeitgeber.
Dennoch drohen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern damit 2023 das vierte Jahr in Folge reale Lohneinbußen. Zwar wurden in einigen Branchen kräftige Lohnerhöhungen beschlossen, doch ist die Inflation hartnäckig hoch.
Verbraucherpreise dürften steigen
So dürften die Verbraucherpreise im zu Ende gehenden Mai um 6,5 Prozent zum Vorjahresmonat steigen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Banken-Ökonomen ergab. Das wäre zwar der niedrigste Stand seit mehr als einem Jahr, liegt aber immer noch deutlich über vielen Lohnzuwächsen. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht an diesem Mittwoch seine erste Schätzung dazu.
Geringfügig Beschäftigte kamen im ersten Quartal mit 8,9 Prozent auf den stärksten Nominallohnanstieg. „Dies ist vor allem auf die seit dem 1. Oktober 2022 gültige Erhöhung der Minijob-Verdienstgrenze von 450 Euro auf 520 Euro zurückzuführen“, erklärten die Statistiker.
Die Nominallöhne von Beschäftigten in Vollzeit stiegen ebenfalls leicht überdurchschnittlich, und zwar um 5,9 Prozent. Für Teilzeitkräfte und Auszubildende wurde ein Lohnanstieg von 4,7 Prozent verzeichnet.
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