Konjunktur Stürzen die USA bald in die Rezession?

Leerer Walmart-Parkplatz in der Dämmerung. Quelle: imago images

Die größte Gefahr für die US-Konjunktur geht nicht von steigenden Zinsen und Übertreibungen an den Vermögensmärkten aus, sondern von den Handelskonflikten und geopolitischen Risiken. Ein Gastbeitrag.

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Weltweit hat die Wirtschaft in den vergangenen Monaten an Fahrt verloren. Das trifft auch auf die USA zu. Manche Beobachter fragen sich bereits, ob den USA demnächst eine Rezession bevorsteht und was diese auslösen könnte.

Ein Blick auf vergangene Zyklen könnte eine Antwort geben. Wichtigster Frühindikator für einen bevorstehenden Konjunkturabschwung war in der Vergangenheit der Arbeitsmarkt. Wurden Arbeitskräfte im Gefolge einer längeren Expansion knapp und damit teurer, drückte dies auf die Gewinnspannen der Unternehmen. Diese erhöhten daraufhin ihre Absatzpreise. Aus Angst vor Inflation hob die Zentralbank die Zinssätze an. Die höheren Finanzierungskosten bremsten die Investitionen der Unternehmen. In vielen Betrieben kam es zu Entlassungen. 

Aus Sorge um den eigenen Arbeitsplatz hielten sich die Verbraucher dann mit Käufen zurück. Die Unternehmen mussten die nicht verkauften Produkte auf Lager nehmen und drosselten die Produktion. Das Wachstum brach ein, es kam zur Rezession. Ihr folgte später ein neuer Aufschwung. Sobald die Betriebe ihre Lagerbestände abgebaut hatten, weiteten sie ihre Produktion wieder aus. Ließ zudem die Inflation nach, senkte die Zentralbank die Zinssätze, um die Nachfrage anzukurbeln und die Produktion zu stützen.

Dieses traditionelle Muster eines Zyklus scheint derzeit allerdings außer Kraft gesetzt zu sein. Der Grund dafür ist die niedrige Inflation. Weil die Teuerungsraten auch im Aufschwung kaum steigen, gibt es für die Zentralbank keinen Grund, die Zinsen rasch anzuheben. Der kräftige Tritt auf die geldpolitische Bremse als Auslöser einer Rezession bleibt aus. 

In der jüngeren Vergangenheit waren es daher meist Finanzexzesse, die zum Auslöser von Rezessionen wurden. Im Jahr 2001 hatte die New-Economy-Euphorie die Aktienkurse in die Höhe getrieben und in den Jahren 2007-2008 hatten sich die Banken in den USA mit der Kreditvergabe an insolvente Häuslebauer verspekuliert. Zwar hatte die US-Notenbank damals die Leitzinsen im Vorfeld der Krise angehoben. Doch handelte es sich dabei nicht um die Antwort auf eine über dem Zielwert liegende Inflation, sondern um den Versuch einer geldpolitischen Normalisierung, bevor die Inflation in Gang kam.

Aktuell liegt die Inflation immer noch unter dem Zielwert der Fed. Als diese im vergangenen Jahr mit der Anhebung der Zinsen begann, verschärfte die Administration von US-Präsident Donald Trump gerade den Handelskrieg mit China. Als die Märkte Ende 2018 ins Stocken gerieten, vollzog die Fed eine 180-Grad-Wende und senkte 2019 drei Mal die Zinsen, um sich gegen einen Abschwung „abzusichern“. Außerdem hat die Fed betont, ihr Inflationsziel sei „symmetrisch“. Das heißt, sie ist bereit, eine Phase überschießender Inflation in Kauf zu nehmen, weil die Inflation in den vergangenen Jahren ihren Zielwert unterschritt.

Da ein umfassendes Abkommen zur Lösung des Handelskonfliktes nicht in Sicht ist und zudem ein formelles Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet wird, ist es unwahrscheinlich, dass die Fed bald eine straffere Geldpolitik verfolgt. Außerdem hat Trump deutlich gemacht, dass er im Falle einer Rezession der Fed die Schuld in die Schuhe schieben wird. Das dürfte dazu beitragen, dass die Fed die Risiken für ihre Reputation durch eine etwas höhere Inflation geringer erachtet als die Gefahr eines wirtschaftlichen Einbruchs durch eine Anhebung der Zinsen. Deswegen ist sie vorerst nicht geneigt, die Geldpolitik zu straffen.  

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