Von einem neu erwachten Konjunkturoptimismus, wie er sich in Frühindikatoren andeutet, scheint in den Betrieben noch nicht allzu viel angekommen zu sein. Hoffnungen, Deutschland werde nach dem (vermeintlichen) Ende der Euro-Krise als Zugpferd der europäischen Konjunktur fungieren und den alten Kontinent quasi im Alleingang aus dem Krisenmorast schleppen, drohen sich als allzu forscher Wunschtraum zu entpuppen. Immer größer wird daher der Druck auf die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB), die Geldschleusen noch weiter zu öffnen, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen.
Doch Geld allein kann kein Wachstum herbeizaubern. „Was Deutschland und der Euro-Zone fehlt, sind Investitionen der Unternehmen“, sagt Elga Bartsch, Euro-Land-Chefökonomin der US-Bank Morgan Stanley. „Ohne Investitionen gibt es kein nachhaltiges Wachstum“, so Bartsch. Eine schnelle Belebung der Investitionen, so wünschenswert sie auch sein mag, ist allerdings nicht in Sicht. In den Krisenländern Europas bremsen hohe Schulden die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Und in Deutschland vermiest ihnen die wachstumsfeindliche Politik der großen Koalition die Lust am Investieren. So bleibt die Erholung wackelig – und das Rückfallrisiko hoch.
Der Mangel an Investitionen hat auch dazu geführt, dass die deutsche Konjunktur nach einem fulminanten Start im Frühjahr inzwischen auf die Kriechspur gewechselt ist. Nicht nur der Konflikt zwischen Russland und dem Westen sowie die Unruhen im Nahen Osten haben die Investitionsbereitschaft ausgebremst. Auch die abebbende Nachfrage aus den einst boomenden Schwellenländern in Asien und Lateinamerika hat sie dazu veranlasst, ihre Investitionspläne wieder in den Schubladen verschwinden zu lassen.
Denn die großen BRICS-Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika stehen für rund zwölf Prozent der deutschen Warenexporte. Im dritten Quartal strichen die Unternehmen unter dem Eindruck der schlappen Nachfrage aus diesen Ländern ihre Ausgaben für neue Maschinen und Anlagen um 2,3 Prozent zusammen. Dass die deutsche Wirtschaft nicht in die Rezession schlitterte, hat sie allein der ungebrochenen Kauflust der Bürger zu verdanken.
Boom Boom Konsum
Die meisten Analysten setzen daher weiter auf den deutschen Konsumenten als Stützpfeiler der Konjunktur. Doch können die Verbraucher die Wirtschaft alleine über Wasser halten, bis die Investitionen endlich anspringen? Noch läuft der Arbeitsmarkt gut, die Unternehmen stellen weiter Personal ein, wenn auch nicht mehr ganz so großzügig wie zuletzt. Dahinter dürfte auch die Sorge stehen, dass Arbeitskräfte wegen der demografischen Zeitenwende bald zur Mangelware werden. Wer sich jetzt nicht ausreichend Stammpersonal sichert, guckt in einigen Jahren in die Röhre.
So wollen 17 Prozent der vom ifo Institut befragten Unternehmen im nächsten Jahr zusätzliche Mitarbeiter einstellen, zwei Prozentpunkte mehr als Entlassungen planen. Überdurchschnittlich fällt die Einstellungsbereitschaft im Dienstleistungssektor aus, wo jeder fünfte Betrieb plant, seinen Personalbestand aufzustocken. In der Bauindustrie dagegen denken nicht einmal halb so viele Unternehmer daran, neue Mitarbeiter anzuheuern. Und: Wer einstellt, setzt vor allem auf Stammpersonal (87 Prozent).
Freude dürfte im nächsten Jahr bei den meisten Arbeitnehmern auch beim Blick auf den Gehaltszettel aufkommen. Die Ökonomen der Deutschen Bank rechnen für das nächste Jahr mit einem Anstieg der Tariflöhne von rund zwei Prozent. Das ist zwar etwas weniger als in diesem Jahr (über drei Prozent). Doch der Zuwachs liegt deutlich über der Teuerungsrate, die sich derzeit auf 0,6 Prozent beläuft. In den nächsten Monaten dürfte die Inflationsrate weiter sinken. Der Grund ist die steile Talfahrt der Ölpreise.