Konjunktur Stürzen die USA bald in die Rezession?

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Was könnte dem US-Aufschwung ein Ende bereiten?

Wenn es also unwahrscheinlich ist, dass höhere Zinssätze der Auslöser für die nächste Rezession sein werden, könnten es dann Finanzexzesse sein? Sicher, es gibt Bereiche, in denen die Vermögenspreise und der Grad der Fremdkapitalfinanzierung hoch sind wie etwa bei Private-Equity-Geschäften. Der Internationale Währungsfonds hat daher vor beträchtlichen finanziellen Problemen der Unternehmen gewarnt, sollte sich das Wachstum erheblich verlangsamen. Dennoch sind umfassende Probleme schwer zu erkennen, solange die Zinssätze niedrig sind und die Liquidität reichlich bleibt.

Doch irgendwann wird sich das Wachstum verlangsamen oder die Zinsen werden steigen und die Liquidität wird sich verschlechtern. Dann werden Finanzaktiva erhebliche Kursverluste erleiden und den Unternehmen wird es schwer fallen, ihre Schulden zu refinanzieren. Zudem gilt: Je länger die Phase billigen Geldes anhält, desto mehr Sektoren werden von Übertreibungen betroffen sein und desto größer ist das Risiko, dass es dadurch zu einem Abschwung kommt. Vorerst aber scheint es angesichts der lockeren Geldpolitik wahrscheinlicher, dass Finanzexzesse einen möglichen Abschwung verschärfen als dass sie selbst die Ursache einer Rezession sind.  

Was aber könnte dann dem konsumlastigen Aufschwung der US-Wirtschaft ein Ende bereiten? Die Antwort lautet: Entlassungen von Arbeitskräften. Die könnten unausweichlich werden, falls der Handelskrieg weiter eskaliert und die USA Zölle auf europäische und japanische Autos verhängen. Derzeit erscheint es unwahrscheinlich, dass in der verbleibenden Amtszeit der Trump-Regierung ein umfassendes chinesisch-amerikanisches Handelsabkommen abgeschlossen wird. Zwischen Chinesen und Amerikanern besteht wenig Vertrauen. China dürfte kaum bereit sein, den intensiven Überprüfungen künftiger Handelsvereinbarungen, wie sie die USA verlangen, zuzustimmen. Darüber hinaus könnte China in Betracht ziehen, dass ein Abkommen Trumps Wiederwahlchancen im Jahr 2020 stärkt. Möchten die Chinesen es weiterhin mit Trump zu tun haben oder wäre ihnen ein demokratischer Präsident lieber, der aber womöglich nicht weniger protektionistisch agiert?  Die Unsicherheit im Hinblick auf den Handelskonflikt bleibt also groß und wird die Investitionen und damit das Wachstum weiter dämpfen.  

Ein weiterer möglicher Auslöser für eine Rezession in den USA ist die geopolitische Gemengelage. Im September hatten Drohnenangriff auf saudi-arabische Ölanlagen die Ölförderung massiv gestört. Ein ökonomischer Kollaps im Iran, der unter den US-Sanktionen leidet, könnte Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate in Mitleidenschaft ziehen. Die Aufkündigung des Atomabkommens durch die Trump-Administration hat die Hardliner in Iran gestärkt. Obwohl die Saudis seither ihre Verhandlungsbereitschaft gegenüber dem Iran bekundeten, bleibt das Risiko eines regionalen Flächenbrandes hoch.

Eskaliert die Lage im Nahen Osten und schnellt der Ölpreises nach oben, könnte die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen. Die real verfügbaren Einkommen der Verbraucher schrumpfen dann, die Stimmung kippt und die Investitionen brechen ein. Die preistreibenden Effekte höherer Ölpreise lassen den Zentralbanken dann nur wenig Raum für eine weitere Lockerung der Geldpolitik.

Die größte Gefahr für die Wirtschaft geht also kurzfristig nicht von steigenden Zinsen oder Übertreibungen an den Finanzmärkten aus, sondern von exogenen Schocks in der Handels- und Geopolitik. Hätte die Welt weniger Machthaber, die den starken Mann markieren, wäre die Wirtschaft robuster. Leider befinden sich die meisten autoritären Staatenlenker heute in ihrer Position, weil sie die Wähler dorthin gebracht haben. Aber das ist ein anderes Thema

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