Konjunkturaussichten „Die konjunkturelle Entwicklung ist besorgniserregend“

Konjunkturaussichten: Börsenprofis sehen Konjunktur skeptisch Quelle: dpa

Konjunkturexperten blicken weiter pessimistisch nach vorn, auch wenn der ZEW-Index sich besser hält als erwartet und nur minimal sinkt. Maschinenbauer spüren allerdings bereits die Flaute.

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Börsianer schätzen die deutschen Konjunkturaussichten weiter sehr skeptisch ein. Das Barometer für ihre Erwartungen für das nächste halbe Jahr sank im Oktober um 0,3 auf minus 22,8 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu seiner monatlichen Umfrage unter 190 Analysten und Anlegern mitteilte.

Ökonomen hatten gar mit einem Rückgang auf minus 27,0 Zähler gerechnet. Die Konjunkturlage bewerteten die Börsianer so schlecht wie zuletzt im April 2010. Die Experten erwarteten nach wie vor eine sich weiter verschlechternde Konjunktur in Deutschland, sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. „Die jüngst erzielte Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und China scheint derzeit nicht zu einer Verringerung der Konjunkturskepsis zu führen.“

Kanzlerin Angela Merkel äußerte sich ebenso skeptisch. „Die konjunkturelle Entwicklung ist besorgniserregend“, sagte sie vor allem mit Blick auf die Maschinenbauer beim Verband VDMA. Diese Branche sei „so etwas wie ein Frühindikator.“ Merkel machte für die Lage insbesondere internationale Handelskonflikte und hier die USA verantwortlich.

Laut Informationen der Nachrichtenagentur Reuters schätzt die Bundesregierung die wirtschaftliche Entwicklung im kommenden Jahr nun deutlich schlechter ein als noch im Frühjahr. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) werde die Wachstumserwartung für 2020 bei der Bekanntgabe der Herbstprojektion am Donnerstag von 1,5 auf 1,0 Prozent verringern, berichtet Reuters in Berufung auf einen Regierungsmitarbeiter. Für das laufende Jahr gehe die Bundesregierung unverändert von einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in Höhe von 0,5 Prozent aus. Die Bundesregierung ist damit etwas pessimistischer mit Blick auf 2020 als die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Sie gehen in ihrem Gemeinschaftsgutachten für 2020 von einem Wachstum in Höhe von 1,1 Prozent aus.

Nichtsdestotrotz sieht Altmaier keine Notwendigkeit für ein Konjunkturprogramm. Die Lage der Wirtschaft sei derzeit nicht einheitlich schlecht, sagte der CDU-Politiker am Dienstagmoren in der ARD. Während das Handwerk wachse, leide die Exportwirtschaft. „Deshalb brauchen wir kein Konjunkturprogramm, aber wir brauchen mehr Ludwig Ehrhardt. Wir müssen bereit sein, Bürokratie abzubauen. Wir müssen bereit sein, Steuern zu senken, damit das dann wieder reinvestiert werden kann in die Unternehmen.“ Vor allem der Mittelstand müsse entlastet werden, forderte Altmaier. Andere Länder wie die USA hätten dies längst getan. Die aktuelle Krise in Deutschland sei im wesentlichen bedingt durch die Krise der Automobilwirtschaft, die Fehler gemacht habe. Die Zulieferer aus dem Mittelstand müssten dafür büßen. „Deshalb müssen wir die Körperschaftssteuer reformieren, und wir brauchen einen Steuerdeckel für den Mittelstand, dass es nicht mehr als 25 Prozent am Ende sind, die bezahlt werden.“

Den erfolgsverwöhnten und exportorientierten Firmen macht immer mehr die Unsicherheit der Kunden wegen des Zollstreits zu schaffen. „Die Party ist noch nicht vorbei, aber man sollte nahe am Ausgang tanzen“, sagte VDMA-Präsident Carl Martin Welcker. Auch die deutsche Bahnindustrie verzeichnet Einbußen wegen zunehmenden Protektionismus'. Während das Inlandsgeschäft im ersten Halbjahr 2019 um drei Prozent verlor, sackte der Exportumsatz laut Branchenverband VDB um fünf Prozent. Die Abschottung internationaler Märkte etwa durch überzogene Zölle mache sich massiv bemerkbar.

Das Bruttoinlandsprodukt war im zweiten Quartal wegen schwächelnder Exporte um 0,1 Prozent geschrumpft. Im abgelaufenen Sommerquartal dürfte es erneut ein Minus gegeben haben, womit Deutschland erstmals seit dem Jahreswechsel 2012/13 in eine Rezession rutschen würde. Die Bundesregierung rechnet mit einer anhaltenden Flaute, sieht aber keine Konjunkturkrise heraufziehen. „Ein stärkerer Abschwung oder gar eine ausgeprägte Rezession sind gegenwärtig nicht zu erwarten“, hieß es jüngst im Monatsbericht des Wirtschaftsministeriums.

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