




Vor allem die USA beklagen den großen deutschen Leistungsüberschuss immer wieder: Er führe zu mehr Verschuldung an anderen Orten der Welt. Um den Überschuss zu senken, solle Deutschland mehr investieren und vor allem mehr importieren. Sauer sind auch viele EU-Partnerländer. Geholfen haben Kritik und Drohungen aber bislang nichts. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss hat 2013 einen neuen Höchststand erreicht: Waren im Wert von 1,094 Billionen Euro wurden exportiert, aber nur Güter im Wert von 895 Milliarden Euro importiert. Der Überschuss lag damit 2013 bei rund 200 Milliarden Euro, das entspricht 7,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach Ansicht des Münchner Ifo-Instituts kann der Überschuss in diesem Jahr sogar noch weiter auf 7,4 Prozent steigen. Das Bundeswirtschaftsministerium geht in seinem Jahreswirtschaftsbericht 2014 allerdings von einer sinkenden Quote aus. Dafür werden vor allem die steigende Binnennachfrage durch den kommenden Mindestlohn, gute Beschäftigungsaussichten sowie mehr Investitionen ins Feld geführt.
Deutsche importieren doppelt so viel wie Franzosen
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) teilt die Meinung der Bundesregierung, dass vor allem die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen für den Überschuss sorgt. Der DIHK weist außerdem darauf hin, dass die Überschüsse gegenüber den Handelspartnern in der Eurozone kontinuierlich sinken würden. Gegenüber China und den USA stiegen sie hingegen. Auch seien Deutschlands Importe aus anderen EU-Staaten seit 2007 um 16 Prozent gestiegen – so viel wie bei keinem anderen Partnerland. Deutschland importiert laut DIHK doppelt so viel wie Frankreich und ist bei mehr als der Hälfte der EU-Staaten führender Importeur. Seine aktuelle Exportstärke verdanke Deutschland vor allem Innovationen und einer moderaten Lohnentwicklung sowie den Reformen der 2000er-Jahre.
Doch auch hier sieht man den Bedarf an Investitionen, vor allem bei der Infrastruktur. Laut Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des DIHK, sind hier zusätzlich zu den im Koalitionsvertrag festgesetzten fünf Milliarden Euro für die gesamte Legislaturperiode „mindestens fünf Milliarden Euro on top in jedem einzelnen Jahr“ nötig. Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus, sieht höhere Investitionen in Deutschland als den „besten Weg, um die Ungleichgewichte innerhalb Europas in der Leistungsbilanz auf ein erträgliches Maß zurückzuführen.“
EU-Kommission sieht „uneinheitliches Wachstum“ in Europa
Aus Kommissionskreisen heißt es, Deutschland müsse mehr investieren und vor allem den Binnenkonsum ankurbeln. Auch die Importe müssten steigen; Priorität habe das mittelfristige Wachstum. Schuld an den niedrigen Investitionen in Deutschland sei auch der demografische Wandel. Diesem müsse in Deutschland begegnet werden. Die Maßnahmen würde Vorteile für ganz Europa bringen. Eine stärkere Konjunktur und mehr Wachstum in Deutschland würde laut einem Kommissionssprecher auch die Importe aus den anderen europäischen Staaten ankurbeln, da viele Exportwaren aus Deutschland auf die Zwischengüter aus den Nachbarstaaten angewiesen sind. Insofern würde ein prosperierendes Deutschland auch das Wachstum in der ganzen EU stimulieren. Laut Kommission hat Deutschland aber nicht mit Sanktionen auf Grund seines großen Überschusses zu rechnen.