Libertären-Treffen in der Türkei Staat? Nein Danke!

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Führt Einwanderung zum Zusammenbruch des Wohlfahrtsstaates?

Das Primat des Privateigentums schließt nach Ansicht Hoppes ausdrücklich das Recht ein, andere von dessen Nutzung auszuschließen. Daher sei die Antidiskriminierungsgesetzgebung unvereinbar mit der libertären Lehre. Sie gestehe den angeblich diskriminierten Gruppen einen Zugriff auf das Eigentum anderer zu. Die Regierungen hätten die Gruppen potenzieller Opfer bewusst sehr weit definiert, nur für die bürgerliche Klasse (Menschen mit weißer Hautfarbe, traditionellen Familienstrukturen und normaler sexueller Orientierung) verbleibe die Rolle des Übeltäters.

Dahinter stecke das Bestreben, das Bürgertum zu schwächen. „Um die totale Kontrolle über die Menschen zu erlangen, muss der Staat alle konkurrierenden sozialen Autoritäten zerstören, vor allem muss er die traditionelle Institution der Familie schwächen“, so Hoppe. Die Antidiskriminierungsgesetze seien Teil dieser Strategie. Sie privilegieren Minderheiten und entziehen dem Bürgertum die Verfügungsgewalt über das Eigentum.

Kritisch ging Hoppe auch mit der Einwanderungspolitik der Linken ins Gericht. „Niemand hat das Recht auf eine Zuwanderung in Gebiete, die schon von anderen bewohnt werden, es sei denn, er ist von den Bewohnern dazu eingeladen. Ein Recht auf freie Einwanderung kann es nur für unbesiedelte Gebiete geben“, sagte er. Die öffentliche Infrastruktur eines Landes wie Straßen und das Gesundheitswesen sei Eigentum der Steuerzahler. Regierungen, die die Zuwanderung nicht begrenzten, zwängen die Steuerzahler, die Immigranten zu subventionieren. Verhielte sich der Staat wie ein verantwortungsbewusster Treuhänder der Steuerzahler, müsste er von den Immigranten verlangen, die Kosten, die ihre Zuwanderung für das Zielland verursache, in vollem Umfang selbst zu tragen.

Die Politik der unbeschränkten und kostenlosen Zuwanderung führe zum Zusammenbruch des Wohlfahrtsstaates. Die Hoffnung Links-Libertärer, auf diesem Wege zu einer staatsfreien und friedlichen Gesellschaft zu gelangen, sei jedoch eine Illusion. Vielmehr sei zu befürchten, dass der immigrationsbedingte Kollaps des Sozialstaats zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führe, weil die Gesellschaft ethnisch und kulturell auseinanderfalle. „Dann wird der Ruf nach einem starken Staat erst recht laut“, warnte Hoppe.

Wie aber lässt sich die Mehrheit der Menschen, die noch immer an die seligmachende Wirkung staatlicher Aktivitäten glaubt, von dem Freiheitsideal der Libertären überzeugen? Die meisten Teilnehmer des Treffens in Bodrum setzen auf die Kraft der Ideen. Spätestens in der nächsten Krise werde die Gesellschaft den Etatismus kritisch hinterfragen, sagten Teilnehmer. Darauf müssten sich die Libertären vorbereiten, um das Feld nicht den Apologeten des Staates zu überlassen.

Dass letztlich die Ideen den Lauf der Welt bestimmen, erkannte schon der österreichische Ökonom Ludwig von Mises. Er schrieb 1922: „Ideen können nur durch Ideen überwunden werden. Den Sozialismus können nur die Ideen des Kapitalismus und des Liberalismus überwinden. Nur im Kampfe der Geister kann die Entscheidung fallen.“ Die Libertären, so zeigte die Debatte in Bodrum, sind für die Schlacht intellektuell gut gerüstet.

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