Wie verbreitet sind in der Ökonomie sogenannte Eigenplagiate, bei denen Volkswirte ihre alten Studien recyclen?
Das lässt sich nicht quantifizieren. Fakt ist: Es gibt sie, und wir wollen dagegen ein klares Signal setzen. Hier geht es darum, wie man miteinander umgeht. Wenn ein älterer Kollege ein Forschungsergebnis fünfmal abgewandelt in fünf Fachzeitschriften publiziert, reduziert er die Chancen jüngerer Kollegen auf eine prestigeträchtige Veröffentlichung. Das ist eine höchst ethische Frage.
Planen Sie Sanktionen bei Verstößen gegen den Kodex?
Wir sind kein Gesetzgeber und kein Gericht. Wir werden einen Ombudsmann einsetzen, der den Wissenschaftsbetrieb kennt, und eine Ethikkommission berufen, die bei gravierenden Verstößen gegen den neuen Kodex aktiv wird. Am Ende einer solchen Untersuchung kann eine Rüge oder gar der Vereinsausschluss stehen.
Wollen Sie die Verfahren öffentlich machen?
Nein. Aber die Konsequenzen schon.
Was ist mit dem umgekehrten Fall – wenn etwa ein Ökonom ein Gutachten für ein Ministerium verfasst, das Ergebnisse danach unter Verschluss hält?
Wenn ein Auftraggeber vorab eine Präferenz für ein bestimmtes Ergebnis äußerst, wird es heikel. Dafür sollten sich Wissenschaftler nicht hergeben. Ich bin dafür, dass wissenschaftliche Ergebnisse veröffentlicht werden müssen, auch wenn sie der Politik missfallen. Dass gilt umso mehr, wenn die Arbeit mit Steuergeld bezahlt wurde. Ich kenne Fälle, in denen spannende Erkenntnisse in ministerialen Schubladen verschwanden.
Manchen Kritikern geht Ihr neuer Kodex nicht weit genug. Müssen Sie nachlegen?
Ich kann mir vorstellen, dass wir den Kodex später erweitern. Es war etwa noch nicht mehrheitsfähig, das Thema Co-Autorenschaft zu behandeln. Wenn ein Student oder wissenschaftlicher Mitarbeiter wesentlich an einer Forschungsarbeit mitwirkt, sollte am Ende nicht nur der Name des Professors drunterstehen. Alles andere ist wissenschaftliche Sklaverei.