Ökonomen warnen Risiko einer zweiten Rezession steigt

Sollte der Lockdown so wie von der Bundesregierung geplant kommen, dürfte das Bruttoinlandsprodukt im laufenden vierten Quartal nicht mehr wachsen, warnen Ökonomen. Quelle: dpa

Aufgrund der stark steigenden Corona-Infektionen und den daraus wahrscheinlich resultierenden Gegenmaßnahmen warnen Ökonomen vor einer Rezession in der Wirtschaft. Sie würden den Aufschwung wieder bremsen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Ökonomen warnen angesichts stark steigender Corona-Infektionen und geplanter Gegenmaßnahmen vor einem Rückfall der deutschen Wirtschaft in die Rezession. Sollte der Lockdown so wie von der Bundesregierung geplant kommen, dürfte das Bruttoinlandsprodukt im laufenden vierten Quartal nicht mehr wachsen, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. „Stattdessen könnten wir uns über eine schwarze Null freuen, wobei das Risiko einer zweiten Rezession beträchtlich ist“, sagte Krämer. „Hinzu kommt, dass viele Unternehmen wegen des ersten Lockdowns noch sehr geschwächt sind. Man kann die Wirtschaft nicht wie eine Lampe ein- und ausschalten, ohne dass es zu massiven Schäden kommt.“

Ähnlich wird das vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eingeschätzt. „Der Aufschwung wird sehr wahrscheinlich deutlich ausgebremst werden“, sagte DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. „Es drohen wieder schärfere Einschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens – das Pandemiegeschehen nimmt Verbraucherinnen, Verbrauchern und Unternehmen die Zuversicht.“ Und das in einer Zeit, in der viele Firmen noch mit den Folgen des Lockdowns vom Frühjahr kämpften und kaum noch finanzielle Reserven hätten.

Der Bund will mit drastischen Kontaktbeschränkungen noch vor Weihnachten die massiv steigenden Corona-Infektionszahlen in den Griff bekommen. Bundesweit sollen Freizeiteinrichtungen und Gastronomie geschlossen, Unterhaltungsveranstaltungen verboten und Kontakte in der Öffentlichkeit sowie Feiern auf Plätzen und in Wohnungen eingeschränkt werden. Das geht aus einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Entwurf der Beschlussvorlage des Bundes für die Video-Konferenz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten an diesem Mittwoch hervor.



Die Maßnahmen sollen ab dem 4. November deutschlandweit in Kraft treten und bis Ende des Monats gelten. Nach Ablauf von zwei Wochen sollen Kanzlerin und Länderchefs die erreichten Ziele beurteilen und notwendige Anpassungen vornehmen.

„Sollte es zu drastischen Einschränkungen kommen, die deutlich über das bisher angekündigte Maß hinausgehen, könnte die Wirtschaft um bis zu zwei Prozent schrumpfen“, sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, mit Blick auf das laufende Quartal. Wenn sich die Lage in einigen Wochen wieder etwas entspannen sollte nach einer Zeit schärferer Maßnahmen, dürfte das für viele Händler so wichtige Weihnachtsgeschäft vor allem vom November in den Dezember und teils auf den Online-Handel verlagert werden. „Auch die Exportnachfrage aus China und den USA läuft derzeit gut“, sagte der Experte. „Das gleicht einen Teil der möglichen Verluste in Europa aus.“

Die Wirtschaft war wegen des ersten Lockdowns im Frühjahr mit 9,7 Prozent so stark eingebrochen wie noch nie. Für das zurückliegende Sommerquartal gehen von Reuters befragte Ökonomen von einem Wachstum von 7,3 Prozent aus. Das Statistische Bundesamt will eine erste Schätzung dazu an diesem Freitag veröffentlichen. Auch für das laufende vierte Quartal gingen Ökonomen bislang von einem Wachstum aus - das Ifo-Institut etwa rechnet mit plus 2,1 Prozent.


Das interessiert WiWo-Leser heute besonders


Douglas ist kein Einzelfall

So schummels sich Ikea, Karstadt & Co. am Lockdown vorbei


„Doppelt so lang schwätzen, halb so viel verdienen“

Warum VW-Händler keine E-Autos verkaufen wollen


Curevac-Gründer Ingmar Hoerr

„Ich dachte, der KGB hätte mich entführt“


Was heute wichtig ist, lesen Sie hier



Die Bundesregierung schlägt den Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie drastische Einschränkungen für den gesamten kommenden Monat vor. Ab 4. November sollen Gastronomie sowie alle Freizeit- und Sporteinrichtungen schließen, geht aus einer Reuters vorliegenden Vorlage des Bundes für die Verhandlungen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch hervor. Zudem soll es massive Kontaktbeschränkungen geben.

Mehr zum Thema: Der Bund will mit einem zeitlich beschränkten Lockdown die anschwellende Corona-Infektionswelle brechen. Hier die angedachten Maßnahmen im Überblick.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%