Ölpreis Der verzweifelte Überlebenskampf der Opec

Immer weniger Rauch: Die Opec-Staaten wollen auch weiterhin die Öl-Menge niedrig halten Quelle: imago images

Um den Ölpreis zu neuen Höhen zu treiben, zeigt sich die Opec geschlossen wie selten. Dienstag beschloss sie, weiter extra wenig Öl zu fördern. Allein: Das wird ihr nicht helfen. Im Gegenteil.

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Es soll ein Befreiungsschlag sein, ein Versuch, die Zeiten vergangener Größe wieder aufleben zu lassen: In einer Art Wunder von Wien haben sich 24 der größten ölfördernden Staaten auf eine Linie begeben. Wobei, eigentlich startete das Wunder bereits vergangenes Wochenende in Osaka.

Dort einigten sich Russland und Saudi-Arabien am Rande des G20-Gipfels darauf, die Ölförderung mindestens neun weitere Monate zu begrenzen. Am Montag bei einem Treffen in Wien beschloss die Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) die neunmonatige Verlängerung dann offiziell. Am Dienstag kamen zehn weitere Erdölstaaten zum Opec-Treffen dazu, darunter Russland, um gemeinsam als sogenannte Opec+ ebenfalls der Begrenzung zuzustimmen.

Dass dieser pragmatische Schritt dennoch besonders ist, liegt daran, dass ein dritter großer Öl-Player noch vor dem offiziellen Opec-Beschluss versprach, mitziehen zu wollen: Iran. Zuletzt waren Iran und Saudi-Arabien vor allem durch Spannungen im Golf von Oman in den Schlagzeilen. Als dort zwei Öltanker attackiert wurden, vermuteten viele Staaten die Schuldigen im Iran – so auch Saudi-Arabien. Eine Zeitlang sah es gar danach aus, als stünden die Zeichen auf Krieg.

Nun also plötzlich traute Einigkeit zwischen den Konfliktparteien. Schließlich geht es um nichts weniger als die Zukunft der Opec. Und damit natürlich auch um nationale Interessen.

Irans Spielraum ist seit den neuen, verschärften Sanktionen der USA deutlich eingeschränkt. Da die USA auch potenzielle Handelspartner mit Strafen belegen wollen, hat der Handel mit Iran rapide abgenommen. Selbst, wenn das Land wollte, könnte es also wohl nicht mehr Öl verkaufen, als in der Förderbegrenzung der Opec+ vorgesehen ist. Anders als Russland oder Saudi-Arabien könnte sich Iran zudem wohl kaum ohne den schützenden Mantel der Opec auf dem Ölmarkt behaupten.

Doch selbst mit der neuen Verbrüderung stehen die Chancen der alten Öl-Granden nicht gut. Die Opec war einst das mächtigste Kartell der Welt. Gegründet 1960 traten die damals 16 Staaten an, um Kontrolle über den Ölpreis auszuüben – und das mit teils brachialen Mitteln. In der ersten Ölkrise Anfang der 1970er-Jahre sorgten sie dafür, dass sich der Ölpreis fast vervierfachte. Es war eine Machtdemonstration gegenüber den westlichen Staaten und Israel.

Heute ist von dieser Größe wenig übrig. Damals kontrollierte die Opec weit über die Hälfte des internationalen Öl-Handels, heute sind es gerade einmal 30 Prozent. Das liegt maßgeblich an einem inzwischen nicht mehr ganz neuen Player, der die Machtstrukturen nachhaltig erschüttert hat: den USA.

Die fördern inzwischen gut zwölf Millionen Fass Öl pro Tag – und damit deutlich mehr, als Experten für möglich gehalten hatten. Die internationale Energieagentur IEA hatte in ihrem Bericht „Oil 2019“ noch prognostiziert, dass die USA erst in vier Jahren zu den großen Förderern Saudi-Arabien und Russland aufschließen werde, und das auch nur mit neun Millionen Barrel pro Tag. Die jüngst von den USA veröffentlichten Zahlen pulverisieren diese Prognose – dabei hatte schon die für enorme Unruhe gesorgt.

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von Kristina Antonia Schäfer

Dass die Opec selbst in ihrer erweiterten Form als Opec+ wieder Boden gutmachen kann, ist zweifelhaft. Zwar zeigt die Strategie kurzfristig Erfolg: Seit der Selbstbegrenzung im vergangenen Jahr hat sich der Ölpreis von zeitweise nur noch 50 Dollar auf aktuell etwa 65 Dollar erholt.

Doch Rohstoff-Experte Eugen Weinberg von der Commerzbank bezweifelt, dass die Preiserholung von Dauer sein wird: „Langfristig resultiert die künstliche Verknappung in starken Preisrückgängen und Verlusten der Marktanteile.“ Das gelte jedoch nur für die mitziehenden Staaten. Den unabhängigen winkten hingegen ordentliche Profite: „Langfristig wird der US-Schieferölsektor zum entscheidenden und preisbestimmenden Faktor werden.“

Die Opec facht damit das Problem erst an, dessen sie eigentlich Herr werden will.

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