Philipp Jennings "Auf unser Arbeitsmodell kommt ein Sturm zu"

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"Diese Gig-Wirtschaft ist keine Lösung"

Die Gefahr ist groß, durch staatliche Regulierung sofort Innovation durch Disruption abzuwürgen.

Die Sozialpartner müssen dafür etwas tun, das kann natürlich nicht nur vom Staat kommen. Die IG Metall ist da schon relativ weit. Man könnte sich auch Vorbild an den Klimaverhandlungen von Paris nehmen: DA wurden Daten gesammelt, alle Wissenschaftler zusammengetrommelt, dann wurden Ziele vereinbart und dann über die Umsetzung gesprochen.

Führen Sie nicht die falsche Debatte. Müsste man nicht eher Bezahlung sichern, nicht klassische Jobs?

Klassische Jobs sind doch nicht altmodisch. Leute sagen: Wir beenden das Zeitalter der Vollbeschäftigung. Das ist doch quatsch. Wenn digitale Wirtschaft heißt, dass du morgens nicht weißt, wo du nachmittags arbeitest oder morgen Deinen Kaffee bezahlst, ist das sicher keine Zukunft. Es gibt diese Tendenz bei den Firmen, die sich nur als Plattformen sehen und Arbeitsbedingungen verschlechtern. Aber diese Gig-Wirtschaft ist keine Lösung.

Gesündere Lebensmittel dank Digitalisierung: Roboter rupfen Unkraut, Drohnen ersetzen Pestizide, Big Data beugt Antibiotika-Einsatz vor. Doch der Fortschritt auf dem Feld und im Stall hat auch seinen Preis.
von Oliver Voß, Dieter Dürand, Jürgen Rees

Im Gegensatz zu den Gewerkschaften wirken Uber, Airbnb und Co aber in den Augen vieler ziemlich modern.

Das ist eine echte Herausforderung, weswegen wir auch mit den Politikern sprechen: Unsere Frage ist doch, wenn ich für dich arbeite, was tust du für mich? Das ist der klassische Ansatz der Arbeitnehmerbewegung. Wenn die IT-Größen soziale Absicherung verhindern, sieht die vermeintlich neue Wirtschaft aus wie der ganz alte Kapitalismus. Sie wollen die Risiken auslagern auf die Menschen, die die Arbeit machen. Das geht nicht.

Wo wollen denn die Gewerkschaften Konzessionen machen. Für viele Arbeitnehmer ist es doch ganz angenehm, wenn Arbeitszeit oder Präsenzpflicht flexibel gehandhabt werden.

Wir müssen keine Konzessionen machen sondern uns anpassen. Und wir haben ja gezeigt, dass wir das können. Als die große Finanzkrise ausbrach, haben wir in Deutschland doch gute flexible Möglichkeiten gefunden. Wo wir aber unnachgiebig bleiben ist der Punkt: Unternehmen tragen Verantwortung für ihre Leute.

A propos Verantwortung: Was beunruhigt sie eigentlich mehr, die Digitalisierung oder die Flüchtlingskrise, die ja auch enormen Druck auf die Arbeitsmärkte schaffen wird.

Mich beunruhigt mehr, dass der Flüchtlingsstrom dazu führt, dass die Standards am Arbeitsmarkt gesenkt werden.  Wir müssen die Qualität unserer Arbeitsstandards beibehalten. Dennoch gilt: Merkels Entscheidung war bewundernswert. Wir sollten die Auswirrungen auch nicht dramatisieren. Wir müssen nun konkret schauen, wie wir die Menschen in Arbeit bekommen. Das ist eine Herausforderung, auch kulturell. Aber machbar.

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