
Die Vereinigten Staaten importieren derzeit Waren im Wert von über 2,4 Billionen US-Dollar pro Jahr. Das ist mehr als doppelt so viel wie die Einfuhren Chinas und der 27 Länder der Europäischen Union zusammen. Da das Volumen der US-Importe abhängig von der Stärke der amerikanischen Wirtschaft schwankt, schwanken auch die Exporte vieler anderer Länder entsprechend.
Deshalb war es eine gute Nachricht für alle Handelspartner, dass die US-Wirtschaft im Sommer 2009 wieder anfing, zu expandieren. 19 Monate zuvor – im Dezember 2007 – war sie in die Rezession gefallen. Leider stellt sich die Erholung als äußerst schwach heraus. Obwohl die Expansion seit 15 Monaten anhält, ist das Niveau des realen Bruttoinlandsprodukts immer noch niedriger als zu Beginn der Rezession.
Was noch beunruhigender ist: Die Wachstumsrate ist nach Beginn des Aufschwungs stetig gesunken. Erst stieg das reale BIP im vierten Quartal 2009 um fünf Prozent, was das Ende der sinkenden Warenbestände widerspiegelte. Doch dann fiel das BIP-Wachstum auf 3,7 Prozent im ersten Quartal 2010 und im zweiten Quartal auf lediglich 1,7 Prozent. Auch das dritte Quartal sieht derzeit ähnlich mau aus.
Die aktuelle Erholung ist wesentlich schwächer als andere vor ihr. Woran liegt das? Die Ursachen des letzten Abschwungs und die wirtschaftspolitischen Gegenmaßnahmen unterscheiden sich deutlich von Rezessionen der Vergangenheit. Frühere Konjunkturrückgänge wurden von der Zentralbank ausgelöst, wenn diese die kurzfristigen Zinssätze erhöhte, um eine Inflation zu bekämpfen. Sobald die Zentralbank Erfolg hatte, senkte sie die Zinsen wieder, und die Wirtschaft erholte sich.
Diesmal wurde der Konjunkturrückgang jedoch nicht durch höhere Zinssätze ausgelöst, und die Senkung der Zinsen hat zu keiner starken Erholung geführt. Diese Rezession wurde stattdessen durch eine Fehlbewertung von Risiken verursacht, was in exzessiver Verschuldung und hohen Preisen für eine breite Palette von Vermögenswerten gipfelte. Als die Spekulationsblasen platzten, verloren die privaten Haushalte einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens – die Finanzmärkte funktionierten nicht mehr.
Höhere Sparquote würde helfe
Da der Abschwung nicht durch hohe Zinsen verursacht wurde, konnte die Senkung der Zinsen die Wirtschaft nicht aus der Rezession retten. Die Regierung von Barack Obama griff daher auf Fiskalpolitik zurück – Steuersenkungen und eine Reihe von Förderprogrammen. Leider waren die fiskalischen Konjunkturprogramme nicht gut genug ausgearbeitet, um die Wirtschaft auf einen starken, selbsterhaltenden Pfad zu führen. Nun, wo diese Konjunkturprogramme bald auslaufen, besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft wieder auf langsames Wachstum oder gar in die Rezession zurückfällt.
Ein Schlüsselelement für die Zukunft der US-Wirtschaft ist die Nachfrage der Privathaushalte. Zwar stiegen die Verbraucherausgaben in den letzten vier Quartalen unterstützt von beträchtlichen staatlichen Transfers. Doch das Wachstum der Konsumausgaben lag unter dem allgemeinen Tempo des BIP-Wachstums, da die Haushalte ihre Sparquote steigerten. Tatsächlich sind die Ersparnisse der Privathaushalte von zwei Prozent des verfügbaren Einkommens im Jahr 2007 auf etwa sechs Prozent in den letzten Monaten gestiegen.
Wenn die Sparquote auch künftig mit diesem Tempo steigt, könnte die BIP-Wachstumsrate nach ein paar Quartalen negativ werden. Natürlich gibt es keine Möglichkeit, die Sparquote sicher zu prognostizieren. Doch sollte man daran denken, dass die Sparquote im Vierteljahrhundert von 1960 bis 1985 durchschnittlich bei neun Prozent lag. Wenn sie jetzt schnell auf dieses Niveau steigt, wird es schwierig, das bisherige gesamtwirtschaftliche Wachstum zu erhalten. Eine deutlich höhere Sparquote könnte der US-Wirtschaft langfristig helfen, doch wäre sie eine Barriere für kräftiges Wachstum in den nächsten paar Jahren.
Ein Haupthindernis für höhere Verbraucherausgaben ist die aktuelle Lage auf dem Immobilienmarkt. Der rapide Anstieg der Hauspreise bis 2006 hat die Haushalte dazu veranlasst, ihre Ausgaben zu steigern. Sie finanzierten das zum Teil, indem sie ihr Eigenheimkapital in Bargeld umwandelten. Doch sind die Hauspreise seither im Schnitt um etwa 40 Prozent gesunken. Auf einem Drittel der Eigenheimbesitzer lasten also Hypotheken, für die mehr geschuldet wird, als das Haus wert ist.
In dieser Situation haben Hauseigentümer weder Geld für Konsumausgaben noch die Bonität, um Kredite aufzunehmen. Zudem ist vor kurzem ein Steuerzuschuss für Erstkäufer von Eigenheimen ausgelaufen, was dazu geführt hat, dass die Hauspreise wieder fallen. Wenn dieser Rückgang anhält, schrumpfen die Verbraucherausgaben zwangsläufig weiter.
Anfang dieses Jahres haben die Konjunkturprognostiker vorhergesagt, das jährliche BIP-Wachstum würde in der zweiten Hälfte 2010 auf drei Prozent oder mehr klettern. Doch nun wurden diese Prognosen auf unter zwei Prozent gesenkt. Das ist zu langsam, um die äußerst hohe Arbeitslosigkeit zu verringern. Jetzt haben die Konjunkturexperten ihre Drei-Prozent-Prognose auf 2011 verschoben. Hoffen wir, dass sie diesmal Recht behalten.