Preispolitik Bezahl doch, was du willst!

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Sozialer Druck kann funktionieren

Am Experiment nahmen insgesamt 136 Studenten teil, in zwei verschiedenen Gruppen. Jeder Teilnehmer erhielt zu Beginn des Experiments ein Startguthaben von drei Euro. Ihnen allen wurde ein künstliches Gut angeboten, das einen variierenden Wert zwischen zwei und zehn Euro hatte. Jeder konnte frei wählen, das Gut entweder bei einem Händler mit PWYW-System oder einem Händler mit Festpreis-System zu kaufen.

Beim Festpreis-Händler hatte das Gut einen konstanten Preis von vier Euro, während der Wert des Gutes, der den Teilnehmern am Ende des Experiments ausgezahlt wurde, variierte. Beim PWYW-Händler konnten sie den Preis selbst bestimmen, auch hier variierte der Wert des Gutes von Teilnehmer zu Teilnehmer. Das Gut vom PWYW-Händler zu beziehen und nichts dafür zu zahlen, wurde damit zur gewinnmaximierenden Strategie.

In der Kontrollgruppe blieben die Käufer bei beiden Händlern anonym. In der Experimentgruppe mussten die Teilnehmer beim PWYW-Händler ihre Anonymität aufgeben, blieben beim Festpreis-Händler jedoch anonym. „Wenn den Teilnehmern ihre Privatsphäre völlig egal gewesen wäre, wären sie in der Experimentgruppe nicht zum Fixpreis-Händler abgewandert, da es rein rechnerisch vorteilhafter war, beim PWYW-Händler zu kaufen“, erklärt Riener. Das Gegenteil war jedoch der Fall und die These, dass der Bruch der Anonymität die Nutzer vom PWYW-Händler zu den Fixpreis-Händlern wechseln lässt, bestätigt. Im Vergleich zur Kontrollgruppe verringerte sich der Anteil der Teilnehmer, die beim PWYW-Händler kauften, um 35 Prozent.

Der bezahlte Preis von den verbleibenden Konsumenten veränderte sich hingegen kaum. Sozialer Druck durch das Aufheben der Anonymität hat im Bereich PWYW-Onlinemarkt also den gegenteiligen Effekt wie im Bereich der Spendenorganisationen und ist daher keine erfolgreiche Strategie. „Unternehmen müssen darauf achten, wie sie mit privaten Informationen ihrer Kunden umgehen. Die Leute geben ihre Informationen zwar gerne an, bei Facebook oder ähnlichen Plattformen, aber diese Informationen auch strategisch zum Firmenvorteil zu verwenden, das halte ich für wenig vorteilhaft“, sagt Riener.

Im Fall Sammeltisch kann sozialer Druck hingegen funktionieren. Hätte statt der anonymen Box ein Mitarbeiter die Kollegen aufgefordert, sich am Tisch zu bedienen und dafür einen Betrag ihrer Wahl zu zahlen, dann hätte auch der Kollege mit dem Elektrogerät anders reagiert, glaubt Riener: „Der Herr hätte durch den hiermit erzeugten sozialen Druck sicher mehr als zwei Euro gegeben“

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