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Professorenstreit Der Glaubenskrieg der Ökonomen

Die Schuldenkrise erweist sich auch als eine Krise der Wirtschaftswissenschaft. Im Streit der deutschen und englischsprachigen Ökonomen um die Wahrheit verliert letztlich die gesamte Zunft ihre Glaubwürdigkeit.

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Paul Krugman, Ökonomie-Professor in Princeton und wortgewaltiger New-York-Times-Kolumnist Quelle: Reuters

„Sünder“ nennt Paul Krugman die mittlerweile rund 200 deutschen Ökonomen, die den Appell von ifo-Präsident Hans-Werner Sinn und dem Dortmunder Statistiker Walther Krämer unterzeichnet haben. „Widerruft!“ schleudert der Princeton-Professor und Wirtschaftsnobelpreisträger ihnen in seiner New-York-Times-Kolumne entgegen. Krugman ist längst nicht der einzige englischsprachige Ökonom, der die abtrünnigen deutschen Kollegen zur Raison ruft. Berkeley-Professor Barry Eichengreen spricht von dem „Irrglauben“ der Unterzeichner, den Euro ohne eine Bankenunion erhalten zu können.

Während durch die deutschsprachige Ökonomie ein Graben geht zwischen den Unterzeichnern des Sinn-Appells und den etwa ebenso zahlreichen Unterzeichnern des Gegenaufrufs von Frank Heinemann, ist unter englischsprachigen Ökonomen bisher noch kein Verständnis für die deutschen Merkel-Kritiker zu vernehmen. Stattdessen hagelt es deftige Zurechtweisungen.

Dogmatiker des rechten Glaubens

Krugmans Wortwahl zeigt, was los ist in der internationalen Ökonomengemeinde. Sie erscheinen nicht wie Wissenschaftler im fairen Diskurs, sondern wie theologische Dogmatiker, die ihre deutschen Gegner des Abfalls vom rechten Glauben bezichtigen.

Sie stehen hinter dem aufsehenerregenden Appell: Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn (links) und der Dortmunder Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik Walter Krämer. Quelle: dapd

Selten stand Deutschland so sehr im Fokus des Interesses renommierter amerikanischer Ökonomen wie derzeit. Die donnernde Kritik von Krugmann, Eichengreen und einigen anderen prominenten englischsprachigen Ökonomen an Sinns und Krämers Aufruf ist nur der vorläufige Höhepunkt einer seit Monaten andauernden Flut von Empfehlungen und Belehrungen für Deutschland. Dabei gingen die allermeisten mit der Euro-Politik der deutschen Regierung nicht weniger hart ins Gericht als Sinn und Kollegen. Ihre Kritik kommt allerdings von der genau entgegengesetzten Seite. Für die Amerikaner ist Merkel in Brüssel nicht etwa zu weit gegangen, wie Sinns Aufruf moniert, sondern noch längst nicht weit genug.

Ökonomen-Streit - Die Geschichte

"Wirf den Motor an, Angela!"

Mit oft vorwurfsvollem und belehrendem Unterton werfen englischsprachige Ökonomen Deutschland vor, Europa oder gar die Weltwirtschaft nicht retten zu wollen. Der bisherige Gipfel des Deutschland-Bashings war das Titelbild des „Economist“ mit einem sinkenden Tanker namens „Weltwirtschaft“ und der Aufforderung „Wirf den Motor an, Angela!“ Außerhalb Deutschlands gebe es einen Konsens, so stellt der Economist nicht zu Unrecht fest, was Merkel zur Rettung des Euro tun müsse: Umschalten von Sparsamkeit auf Wachstum, eine Bankenunion, und vor allem solle sie endlich eine begrenzte Vergemeinschaftung der Schulden zulassen, um den Südeuropäern die nötige Zeit zu geben, ihre Schuldenberge zu reduzieren.

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