Robert Solow Der Entdecker des Wachstums

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Rückschläge für Solow

Kurz bevor Solow 1987 den Nobelpreis erhält, gelingt dem heute in Stanford lehrenden Ökonomen Paul Romer ein Durchbruch bei der Arbeit an einem Modell des technischen Fortschritts. In der Konsequenz rücken Bildungspolitik und allgemein die Qualität des staatlichen Ordnungsrahmens stärker ins Blickfeld als zuvor.

Doch Solow erlebt auch Rückschläge. Die These, jedes Entwicklungsland könne langfristig die hoch entwickelten Länder einholen, weil sich der technische Fortschritt gleichmäßig auf der Welt verbreite, widerlegt Edmund Phelps. Der New Yorker Ökonom stellt fest, dass die in Industrieländern eingeführten, neuen Technologien nur dann in den Entwicklungsländern effizient benutzt werden, wenn dort genügend gut ausgebildete Arbeitskräfte vorhanden sind. Die Erkenntnis wird zum wichtigen Argument für eine bessere Finanzierung der Bildungssysteme, besonders in Entwicklungsländern.

Phelps stellt auch Solows Analyse der Auswirkungen von Bevölkerungswachstum infrage: Gibt es mehr Menschen, werden neue Ideen an einen größeren Personenkreis weitergegeben, und weil mehr Menschen dann an der Weiterentwicklung der Ideen zu Erfindungen arbeiten können, sei Bevölkerungswachstum gut für den technischen Fortschritt. In Solows Modell dagegen wirkt sich ein hohes Bevölkerungswachstum negativ auf die Pro-Kopf-Einkommen aus, weil die Kapitalausstattung pro Beschäftigten mit der Zahl der Menschen sinkt.

Auch Kenneth Arrow, Nobelpreisträger von 1972, hat Solows Wachstumstheorie weiterentwickelt. Arrow beobachtet „Learning by Doing“; Investitionen und Wachstum führen zu betriebsspezifischen Qualifikationen, die Spill-over-Effekte induzieren, also positive Effekte für andere Unternehmen haben. Dadurch werden nicht nur Humankapital und technischer Fortschritt gefördert, sondern auch der Tendenz abnehmender Grenzerträge des Arbeitseinsatzes entgegengewirkt.

Selbstkritik

Solow hat erst im hohen Alter sein Zimmer im MIT geräumt. 1995, lange nach der Emeritierung, machten Samuelson und er die Räume für viel jüngere Kollegen frei. Solow hat danach vor allem mit dem britischen Makroökonomen Frank Hahn zusammengearbeitet. Die beiden entwickelten Modelle, die sich gegen den wissenschaftlichen Mainstream richten, doch denen die Forschung kaum Aufmerksamkeit schenkt. „Wahrscheinlich sind sie etwas zu undurchsichtig und chaotisch“, sagt Solow selbstkritisch.

Aber auch an dem Wert seiner früheren Arbeiten zweifelt er heute. In seinem Modell fehle eine fundierte Analyse der Nachfrageseite. In jüngster Zeit wurde seine Kritik noch grundlegender. Er greift die gängigen Standardannahmen der Makroökonomie an, auf denen auch sein preisgekröntes Wachstumsmodell beruht: „Die Standardannahmen anzuzweifeln genügt nicht“, formuliert er scharf. Falsche Modellannahmen seien auch Ursache dafür, dass die Zunft nichts gegen die weltweit tobende Finanzkrise ausrichten könne.

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