Rohstoffradar Kupfer geht ab

Die wachsenden Risiken für die Weltwirtschaft verunsichern die Rohstoffmärkte – und machen Preisprognosen immer schwieriger. Rohstoffangebot und -nachfrage aus China stehen im Fokus.

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Kupferlager in einer Fabrik in Quelle: dapd

Es war ein Diebstahl der besonderen Art: Im Juni verschwanden aus einer Kölner Lagerhalle Kunstwerke des Stahlbildhauers Ansgar Nierhoff. Echte Kunstliebhaber waren die Täter wohl kaum – die Polizei befürchtet, dass die rund 200.000 Euro teuren Skulpturen als „Metallschrott“ eingeschmolzen werden.

Deutschlands Diebe haben sich ein lukratives Geschäftsfeld erschlossen. Gullydeckel, Gedenktafeln auf Friedhöfen, Rohre und Kabel auf Baustellen, selbst Oberleitungen der Bahn – alles greifen Metallräuber ab. Die Deutsche Bahn registrierte allein von Januar bis April dieses Jahres 1400 Fälle von Metalldiebstahl, nachdem ihr bereits 2010 rund 350 Tonnen Kupfer und 675 Tonnen Stahl abhandengekommen war.

Rohstoffradar Juli 2011

Hintergrund sind die seit Anfang 2009 kontinuierlich gestiegenen Preise – gepaart mit einer vergleichsweise hohen Planungssicherheit für Kriminelle. Auch wenn viele Metallpreise seit dem Frühjahr etwas den Rückwärtsgang eingelegt haben, hat ihre Volatilität insgesamt spürbar abgenommen. Vor allem im Vergleich zu Agrarrohstoffen, deren Notierungen heftig auf neue Erntedaten und -prognosen reagieren, ist bei Industriemetallen der Preisausschlag nach oben und unten geringer, die Berechenbarkeit mithin größer. Dies zeigt der Rohstoffradar, den die Commerzbank exklusiv für die WirtschaftsWoche erstellt. Danach schwankte Zucker in den vergangenen zwölf Monaten um 50 Prozent um seinen Mittelwert, bei Baumwolle waren es 42,7 Prozent, bei Weizen 40,6 Prozent. Kupfer (24,5 Prozent) oder Blei (34,4 Prozent) blieben deutlich darunter.

Wachsende Ängste, diffuser Markt

Wohin die Preise künftig tendieren, ist derzeit allerdings offen. Analysten sehen sich mit einer diffusen Situation konfrontiert, in der wachsende Ängste um die Weltkonjunktur die Fundamentaldaten an den Rohstoffmärkten zunehmend in den Hintergrund drängen. „An den Rohstoffmärkten herrscht derzeit ein ausgeprägter Herdentrieb. Es wird kaum noch zwischen Rohstoffen differenziert – nach unten gehen fast alle mit, und nach oben gehen auch fast alle mit“, wundert sich Eugen Weinberg, Chef-Rohstoffanalyst bei der Commerzbank.

Preistends Rohstoffe

Mittelfristig allerdings werde sich dies ändern. Denn die Marktlage für einzelne Metalle sieht durchaus unterschiedlich aus. Bei Kupfer etwa trifft ein knappes Angebot am Weltmarkt auf eine unverändert starke Nachfrage. Der seit 2009 steil nach oben geschossene Kupferpreis, der sich seit Mai seitwärts bewegt, hat daher laut Weinberg „noch viel Luft nach oben“. Auch die Notierungen des energieintensiv hergestellten Aluminiums dürften – schon aus Kostengründen – steigen.

Bei Nickel und Blei dagegen dürfte es bald nach unten gehen. Beispiel Blei: Hier sind durch Überproduktion nicht nur die Lagerstände um 50 Prozent gegenüber Jahresbeginn gestiegen. Zudem droht ein gravierender Nachfrageausfall. Rund 95 Prozent der chinesischen Batteriehersteller erfüllen nicht die Umwelt- und Sicherheitsauflagen der Regierung. Da Peking strenger als früher auf die Einhaltung solcher Normen achtet, halten es Experten für möglich, dass in den kommenden drei Jahren rund die Hälfte der Fabriken dichtmacht – und dementsprechend die Nachfrage nach Batteriezutaten wie Blei deutlich sinkt. Auch bei anderen Rohstoffen nimmt China eine Schlüsselposition ein: Das Riesenreich steht für 40 bis 45 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Industriemetallen.

Deutschland rüstet sich derweil zum Kampf gegen den Rohstoffklau: Ab sofort fahndet die Bundespolizei mit Hubschraubern und Wärmebildkameras nach Metallräubern.

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