Eine wichtige Erklärung ist aber auch das Platzen der globalen Schuldenblase im Jahr 2007.
Erstens dämpft die notwendige Bereinigung der Schuldenexzesse die Nachfrage. So hatten sich in den USA viele Hausbauer zu hoch verschuldet. Um ihre Schulden zu senken, haben sie sich in den ersten Jahren der Krise beim Konsum zurückgehalten, was das US-Wirtschaftswachstum drückte. Im Euro-Raum kommen diese Bilanzbereinigungen viel langsamer voran, weshalb sich die Wirtschaft noch schleppender erholt als in den USA.
Zweitens leidet auch die Angebotsseite unter den Nachwirkungen einer geplatzten Schuldenblase. Die Ökonomen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich haben gezeigt, dass die Produktivität als ein wichtiger Treiber des Wirtschaftswachstums nach dem Platzen von Schuldenblasen nur langsam zunimmt. Das liegt auch an dem hohen Bestand fauler Kredite in den Bankbilanzen.
Um Abschreibungen zu vermeiden, erneuern Banken häufig Kredite an hoch verschuldete Unternehmen, besonders wenn die Zinsen wegen der expansiven Geldpolitik niedrig sind. Damit halten sie unproduktive Unternehmen am Leben, während sich produktive Unternehmen wegen eines Mangels an Kredit häufig nicht gut entwickeln können. In der Summe senkt dies das Produktivitätswachstum. Davon ist vor allem der Euro-Raum betroffen. Schließlich sind in Italien 18 Prozent aller Bankkredite faul.
Deutschsprachige Ökonomen und Soziologen des 20. Jahrhunderts
Der österreichische Ökonom und Sozialphilosoph gehörte zwar nicht zur Freiburger Schule, hat Erhard aber dennoch stark beeinflusst. In einem waren sie sich weitgehend einig: Das Wort "sozial" ist in Verbindung mit "Markwirtschaft" unsinnig, weil der Markt an sich Sozialität herstellt. Die Ökonomen Röpke, Eucken und Müller-Armack sahen das ganz anders.
Der Nestor des Ordoliberalismus sorgte mit seinen "Grundlagen der Nationalökonomie" 1939 dafür, dass Erhard nach dem Zweiten Weltkrieg ein theoretisches Konzept vorlag. Wegweisende Gedanken, vor allem über den Zusammenhang von Macht und (Un-)Freiheit.
Als Mitglied der NSDAP erhoffte sich der Ökonom und Kultursoziologe einen starken Staat mit stabiler Wirtschaftspolitik. 1946 entwickelte das CDU-Mitglied in "Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft" den Begriff der "sozialen Marktwirtschaft". Später wirkte er als Leiter der Grundsatzabteilung im Bundeswirtschaftsministerium von Ludwig Erhard.
Der wortmächtigste unter den geistigen Vätern der sozialen Marktwirtschaft war bereits mit 24 Jahren Professor. Der Ökonom und Sozialphilosoph lehnte den Nationalsozialismus als "Massenaufstand gegen die Vernunft" ab und verfasste nach dem Krieg eine Reihe von glänzenden Büchern, in denen er unter anderem den Markt als Kulturform konturierte und ein frühes Lob der Ökologie sang.
SPD-Chef von 1946 bis 1952, wollte "aus Deutschland noch ein sozialistisches Land auf wirtschaftlichem Gebiet" machen. Im Godesberger Programm der SPD (1959), das Karl Schiller maßgeblich mitgestaltete, hieß es: "Wettbewerb soweit wie möglich, Planung soweit wie nötig." Erst 1963 war die SPD so weit, dass der spätere Wirtschaftsminister jede Art von Planung ablehnte.
Helmut Schelsky hat den Erfolg der sozialen Marktwirtschaft bereits 1953 auf den soziologischen Begriff gebracht. Erhard hat ihn vier Jahre später mit "Wohlstand für alle" ins Volksdeutsche übersetzt. Gemeint ist die Herausbildung einer breiten Mittelschicht mit gut bezahlten Angestellten.
Kontraproduktive Rezepte
Was heißt das für die Wirtschaftspolitik? Politiker und Notenbanker sollten alles tun, um die Bilanzbereinigungen bei Verbrauchern, Unternehmen und Banken voranzutreiben. Sind die Exzesse der Blasenjahre erst einmal bereinigt, erholt sich die Wirtschaft schneller. Dieser Bereinigungsprozess wird befördert, wenn die Notenbank die Politik des billigen Geldes auf die Akutphase der Krise beschränkt und der Staat mit niedrigen Haushaltsdefiziten für Vertrauen sorgt. Kontraproduktiv sind dagegen die Rezepte der Theorie der Säkularen Stagnation – das Anwerfen der Notenpresse sowie auf Pump finanzierte Konjunkturprogramme. Außerdem leisten sie dem Entstehen neuer Finanz- oder Staatsschuldenkrisen Vorschub.