In Japan steht die riskante Wirtschaftspolitik des Regierungschefs Shinzo Abe vor der entscheidenden Bewährungsprobe. Vor zwei Jahren hatte Abe die Notenbank auf einen extrem expansiven Kurs eingeschworen, um endlich die Deflation zu überwinden, die das Land seit inzwischen fast zwei Jahrzehnten lähmt. In einer vorgezogenen Neuwahl hat Abe sich diesen Kurs gerade erst bestätigen lassen, die Bank of Japan wird daher weiter extrem viele Staatsanleihen kaufen, um ihr Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen.
Doch 2014 ist diese Rechnung nur teilweise aufgegangen. Die Verbraucherpreise legten zwar erstmals seit 2000 über einen längeren Zeitraum zu, weil die expansive Geldpolitik den Yen geschwächt und dadurch importierte Waren verteuert hat. Auch Löhne und Gehälter stiegen erstmals seit 2008 wieder. Doch die kräftige Anhebung der Mehrwertsteuer im April trieb die Preise so hoch, dass die realen Einkommen sanken und die Haushalte sparten. Ein Abschwung war die Folge. Unterm Strich verzeichnete Japan eine stagnierende Wirtschaftsleistung bei steigenden Preisen. Wegen dieser Stagflation hat Abe die geplante zweite Erhöhung der Mehrwertsteuer um anderthalb Jahre auf das Frühjahr 2017 verschoben. So rechnen viele Ökonomen für das neue Jahr mit einem realen Wachstum von bis zu 1,5 Prozent.
Die zehn wettbewerbsfähigsten Länder der Welt
Unter den Top 10 der wettbewerbsfähigsten Ländern befinden sich gleich drei skandinavische Staaten. Den Anfang macht Norwegen auf Rang 10. Damit verliert das Land im Vergleich zum Vorjahr vier Plätze. Nahezu unschlagbar ist Norwegen in den Punkten gesellschaftliche Rahmenbedingung, Produktivität und Effizienz, sowie politischer Stabilität. Doch die Steuerlast und die Einkommen sind sehr hoch. Das macht es für Unternehmen in dem Land schwer, konkurrenzfähige Preise zu bieten.
Neu vertreten unter den zehn wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt ist Dänemark. Die Skandinavier klettern um drei Plätze nach oben. Das Land weist die geringste soziale Ungleichheit auf (Rang eins beim Gini-Index), kennt das Wort Korruption praktisch nicht (Rang eins) und hat einen äußerst flexiblen Arbeitsmarkt (Rang zwei). Auf der Negativseite steht die hohe Besteuerung von Konsumgütern (Rang 49) und dem Einkommen (Rang 59) .
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate verteidigen ihren Platz in den Top 10. Von Platz 16 im Jahr 2012 ging es 2013 und 2014 hoch auf Rang acht. Die Emirate gelten als der Knotenpunkt für Tourismus, Handel und Luftfahrt. Im Ranking punkten die Arabischen Emirate besonders mit den Unternehmenssteuern (Platz eins im weltweiten Vergleich), den Umsatzsteuern (Platz eins), der Einkommenssteuer (Platz eins), den Sozialversicherungsbeiträgen, der Bürokratie und dem Altersdurchschnitt der Gesellschaft. Auch beim Image, der Erfahrung und der Bereitschaft, ausländische Fachkräfte anzuheuern, kann das Land punkten. Mau sieht es dagegen mit der Beschäftigungsrate von Frauen aus.
Kanada festigt den siebten Platz. Das Land gilt wegen seiner Facharbeiter, der politischen Stabilität, dem hohen Bildungslevel, der guten Infrastruktur und dem unternehmerfreundlichen Umfeld als besonders attraktiv für Unternehmen.
Gleich drei Ränge nach oben geht es für Deutschland. Der positive Trend setzt sich damit fort. Berlin belegte im Jahr 2007 noch Rang 16. Besonders gut steht Deutschland unter anderem bei der Jugendarbeitslosigkeit (weltweit Rang fünf), Export (weltweit Rang drei) und der Diversifizierung der Wirtschaftstätigkeit (Rang zwei) da. Auch bei Ausbildung und Lehre (Platz eins), Fortbildungen (Platz zwei), Produktivität der Arbeitskräfte und kleinen und mittelständischen Unternehmen (jeweils Platz eins) macht Deutschland keiner etwas vor. Bei Sozialversicherungsbeiträgen (Rang 54), Arbeitsstunden (Rang 53) oder dem Ausbau von Highspeed-Breitband (Rang 53) kann Deutschland noch etwas lernen.
Schweden kommt in dem internationalen Vergleichsranking als zweitbeste europäische Nation auf einen guten fünften Platz. 2013 hatte es zwar noch für Rang vier gereicht, dennoch ist das nordische Land optimal für den globalen Wettbewerb aufgestellt - ganz anders als etwa 2007, als das Land nur Platz 19 belegte. Besonders in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung, Management und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ist das skandinavische Land unschlagbar. Auch die Produktivität der Firmen und das Finanz-Know-How sind weltspitze.
Um einen Platz nach unten geht es für die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. 2012 hatte es die chinesische Metropole noch auf Platz eins geschafft. Unternehmen aus aller Welt schätzen Hongkong besonders wegen der attraktiven und wettbewerbsfähigen Besteuerung der Unternehmen, dem wirksamen Rechtssystem, der unternehmerfreundlichen Umgebung, der verlässlichen Infrastruktur und der dynamischen Wirtschaftsentwicklung. Ganz gut steht Hongkong auch bei der Höhe der Steuersätze für die Bürger, dem Bank- und Finanzsektor sowie den Direktinvestitionen da.
Vom fünften auf den dritte Platz geht in diesem Jahr für Singapur. Das asiatische Land wird von Unternehmen wegen seiner kompetenten Regierung, der verlässlichen Infrastruktur, dem wirksamen Rechtssystem und dem stabilen politischen System sowie seiner Unternehmerfreundlichkeit geschätzt.
Der zweite Platz geht - wie im Vorjahr - an die Schweiz. Der kleine Alpenstaat mit seinen nur rund acht Millionen Einwohnern punktet besonders mit sehr gut ausgebildeten Fachkräften und hohen wissenschaftlichen Standards. Unternehmen aus aller Welt schätzen die politische Stabilität in der Schweiz genauso wie die gut ausgebildeten Arbeitskräfte vor Ort, die hohe Bildung, die herrschenden Steuersätze und die verlässliche Infrastruktur.
Die wirtschaftlich stärkste und wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Zu diesem Ergebnis kommt das IMD World Competitiveness Center in seiner aktuellen Vergleichsstudie. Demnach punktet die US-Amerikaner mit einer dynamische Wirtschaft, qualifizierten Arbeitskräften, den guten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten, sowie den starken Fokus auf Forschung und Entwicklung.
Entscheidend wird jedoch sein, ob Löhne und Gehälter schneller steigen werden als die Lebenshaltungskosten. Auch die Arbeitslosenquote von aktuell 3,5 Prozent und der Überhang an offenen Stellen sollten zu einem Anstieg der Realeinkommen beitragen. Dies, so die Hoffnung, werde dann endlich den Kreislauf aus mehr Konsum, höheren Gewinnen und daraufhin steigenden Investitionen in Gang setzen.
Im idealen Szenario von Notenbankchef Haruhiko Kuroda wird sich das wirtschaftliche Verhalten in Japan durch die Rückkehr der Inflation von Grund auf verändern: In Erwartung einer Geldentwertung würden die Bürger ihr Bargeld in den Konsum stecken und die Unternehmen ihre Reserven von umgerechnet 1400 Milliarden Euro in Produktionsanlagen und Beschäftigung investieren. Würden diese privaten Überschüsse in die Wirtschaft fließen, könnte die Regierung ihr massives Haushaltsdefizit und damit auch die Verschuldung senken. Konsumbremsende Steuererhöhungen wären nicht mehr notwendig. Doch dieses ideale Szenario dürfte sich 2015 nur ansatzweise erfüllen.
Wegen der hohen Schuldenquote von mehr als 240 Prozent des Bruttoinlandsprodukts kann die Regierung Abe den Haushalt nicht weiter aufblähen. Dieser Konjunkturimpuls bleibt also aus. Dazu steigen die Einkommen wahrscheinlich nicht so stark wie erwartet, was wiederum den Konsum bremsen dürfte. Höhere Löhne können sich bisher nur die Unternehmen mit Auslandsgeschäft leisten, denen der schwache Yen steigende Gewinne beschert hat. Doch 80 Prozent der Unternehmen leben vom Binnenmarkt und leiden unter der Teuerung von importierten Materialien. Für höhere Löhne haben sie keinen Spielraum. Darüber hinaus bringen die von der Regierung versprochenen Strukturreformen erst einmal wenig. Zwar wird der Steuersatz für Unternehmen möglicherweise schon ab April sinken, aber zugleich werden Schlupflöcher geschlossen. Andere Vorhaben wie Freihandelsverträge und Sonderwirtschaftszonen lassen sich nur langsam umsetzen.
Solange sich also am grundlegenden Misstrauen der Japaner in ihre Staatsführung nichts ändert, könnte sich die milde Stagflation fortsetzen. Eine Staatsschuldenkrise ist in Japan nahezu ausgeschlossen, da die Staatsanleihen fast ausschließlich von Inländern und der Zentralbank gehalten werden. Im besten Fall gibt es einen kleinen Aufschwung, doch mit dem rechnen offenbar selbst die Japaner nicht wirklich.