Sorgen beim IWF-Treffen „Abwärtsrisiken überwiegen“

Die Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank findet im indonesischen Nusa Dua statt. Quelle: REUTERS

Nur keine Panik herbeireden: Von Trumps Handelskrieg über die hohen Schulden und Turbulenzen an den Börsen gibt es viele Sorgen beim Treffen der Finanzelite auf Bali. Und dann ist da noch Italien.

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Die hohe Verschuldung Italiens und der US-Handelskonflikt mit China lassen die Sorgen vor einem globalen Konjunktureinbruch wachsen. Die Bundesbank gehe davon aus, dass die „Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft überwiegen“, sagte ihr Präsident Jens Weidmann am Freitag bei der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank im indonesischen Nusa Dua. Er bekräftigte damit Einschätzungen beider Organisationen.

Mit Blick auf die umstrittenen Ausgabenpläne der populistischen Regierung in Italien, die wegen des Defizits zum Risiko für die Eurozone werden könnten, warnte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor Belehrungen. Wenn man aber einen Rat geben wolle, laute dieser: „Seid vorsichtig mit dem, was ihr macht.“

Weidmann bezeichnete die jüngste Schwächephase an den Börsen als eine „Korrektur“ nach zuletzt hohen Kursen. Finanzexperten betonten bei dem Treffen, man dürfe sich generell in keine Panik hineinreden.

In vielen Ministerrunden ging es vor allem um eine Lösung des von US-Präsident Donald Trump angefachten Handelsstreits. Scholz wertete es als positives Signal, dass eine vorläufige Einigung auf einen Verzicht von Strafzöllen zwischen den USA und der EU gelang. Gut sei auch, dass das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada gerettet werden konnte.

Hinter dem Konflikt mit China steht auch ein Kampf um die ökonomische Vorherrschaft. Trotz des Konflikts sind die chinesischen Exporte im September unerwartet stark gestiegen. Wie der Zoll in Peking mitteilte, legten die Ausfuhren in US-Dollar berechnet um 14,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu. Der Handelsüberschuss mit den USA erreichte einen Rekordwert von 34 Milliarden US-Dollar, was die Spannungen weiter erhöhen könnte.

US-Finanzminister Steven Mnuchin kritisierte in dem Zusammenhang auch den IWF. Der Währungsfonds müsse deutlicher machen, wie bestimmte der 189 Mitgliedsländer unfaire Praktiken beim Handel und beim Umgang mit ihren Währungen anwenden. Dies dürfte sich auf China bezogen haben.

Ein weiterer Risikofaktor ist Italien. Die Regierung hält nach Angaben des auf Bali anwesenden Finanzministers Giovanni Tria an ihren Plänen fest - auch wenn die Zinsen auf Staatsanleihen steigen und es für Italien somit teurer wird, Schulden zurückzuzahlen. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Lega wollen neben einer Absenkung des Rentenalters eine Grundsicherung einführen.

Die italienischen Haushaltspläne sehen Mehrausgaben von 36,7 Milliarden Euro vor. Davon würden fast 7 Milliarden Euro durch Kürzungen in bestimmten Bereichen, etwas mehr als 8 Milliarden Euro durch zusätzliche Einnahmen und die übrigen rund 22 Milliarden Euro über neue Schulden gedeckt, so Tria. Bis zum 15. Oktober muss Rom den Entwurf bei der EU-Kommission einreichen, die diesen dann prüft.

Italien hat einen enormen Schuldenstand von etwa 2,3 Billionen Euro, über 130 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP). In der EU sind nach gemeinsam vereinbarten Regeln eigentlich nur 60 Prozent erlaubt.

Auch andere Länder der EU reißen die sogenannten Maastricht-Kriterien bei den Gesamtschulden, Deutschland kehrt erst in diesem Jahr voraussichtlich wieder unter die 60-Prozent-Marke zurück - erstmals seit 2002. Weidmann warnte vor einer hohen Belastung der Bilanzen italienischer Banken durch Staatsanleihen. „Wir sehen die Entwicklung, dass die Bankbilanzen in Italien in letzter Zeit eher mehr Staatsanleihen aufweisen als weniger“, sagte er.

Im Fall einer gemeinsamen Einlagensicherung in Europa würde die Gefahr bestehen, auch Ausfallrisiken für andere Staaten übernehmen zu müssen. Man müsse sich deshalb als Grundlage für eine gemeinsame Einlagensicherung nicht nur um faule Kredite in Bankbilanzen kümmern, sondern auch um staatliche Risiken. Er schlug vor, die Privilegierung von Staatsanleihen bei Finanzregeln aufzulösen - dann müssten Banken für solche Kredite an den Staat ebenfalls Eigenkapital zurückzulegen.

Scholz wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Diskussion um eine gemeinsame Einlagensicherung in Europa derzeit keine Priorität habe. Deutschland ist zwar für eine gemeinsame Bankenunion mit gemeinsamen strengeren Regeln. Die Regierung ist aber skeptisch, in diesem Rahmen auch ein System zu schaffen, durch das deutsche Institute etwa bei Schieflagen italienischer Banken mithaften würden.

Bei der IWF-Jahrestagung geriet am Freitag immer stärker China in den Fokus. Das Land baut schrittweise seinen weltweiten Einfluss aus, auch durch eine aggressive Handelspolitik und Milliardenkredite für zahlreiche Staaten. „Unsere Vorstellung ist, dass sich möglichst viele Länder an die Regeln des sogenannten Pariser Clubs halten“, sagte Scholz. Er ermunterte China, dort Mitglied zu werden.

Die 22 Mitglieder des Pariser Clubs - darunter wichtige G20-Staaten wie Deutschland, die USA, Japan, Frankreich, Großbritannien und Russland - haben vergleichbare Kreditregeln. Sie verhandeln auch immer wieder miteinander größere Schuldennachlässe, zum Beispiel im Fall Afghanistans. China fühlt sich bisher nicht an diese Kredit- und Schuldenregeln gebunden. Kritiker werfen Peking vor, sich mit umfangreichen Krediten andere Länder gefügig machen zu wollen.

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