




Die Steuereinnahmen schießen in die Höhe. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum kann sich das Bundesfinanzministerium von Wolfgang Schäuble über ein Einnahmeplus von 3,5 Prozent freuen. Im ersten Halbjahr flossen rund 277 Milliarden Euro in die Kassen. Bedanken kann sich der Minister bei den Unternehmen, deren Gewinnen trotz der schwächelnden Konjunktur weiter steigen, bei den Arbeitsnehmern, die im ersten Halbjahr fünf Milliarden Euro mehr Lohnsteuern gezahlt haben als im Vorjahr – und bei der Opposition.
Schließlich blockierten SPD und Grüne mit ihrer Mehrheit im Bundesrat den Vorschlag, die Steuertarife der Inflation anzupassen. So hätte die Kalte Progression eingedämmt werden können. Jenes ungerechte System, das Lohnerhöhungen auffrisst, weil die Bürger in einen höheren Steuertarif rutschen. Unterm Strich bleibt netto oftmals weniger vom Lohn übrig, als vor dem Lohnplus. Da die Löhne in Deutschland zuletzt um bis zu sieben Prozent stiegen, profitiert der Staat überproportional, wie das Ministerium selbst zugibt. „Neben dem andauernd hohen Beschäftigungsniveau wirkten sich verstärkt auch die diesjährigen Tariflohnsteigerungen im Aufkommen aus.“
Jährliche Einnahmen der öffentlichen Hand aus Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen
1.090.424 Millionen Euro
Quellen: BMF, BDEW, BMAS, Destatis, GEZ-Geschäftsbericht, Deutsche Bischofskonferenz
Umsatzsteuer: 198.200 Millionen Euro
Tabaksteuer: 13.900 Millionen Euro
Rundfunkbeitrag: 7500 Millionen Euro
Branntweinsteuer: 2100 Millionen Euro
Rennwett- und Lotteriesteuer: 1600 Millionen Euro
Kaffeesteuer: 1000 Millionen Euro
Biersteuer: 665 Millionen Euro
Vergnügungsteuer: 617 Millionen Euro
Schaumweinsteuer: 460 Millionen Euro
Hundesteuer: 288 Millionen Euro
Zweckgebundene Kommunalabgaben: 216 Millionen Euro
Spielbankenabgabe: 22 Millionen Euro
Zwischenerzeugnissteuer: 14 Millionen Euro
Jagd- und Fischereisteuer: 13 Millionen Euro
Fremdenverkehrsabgabe: 8 Millionen Euro
Alkopopsteuer: 1 Million Euro
Schankerlaubnissteuer*: 0,35 Millionen Euro
Getränkesteuer**: 0,016 Millionen Euro
* in Hessen und Rheinland-Pfalz
** in Hessen; alle Zahlen gerundet; jeweils aktuellster verfügbarer Wert; hinzu kommen noch diverse sonstige Steuern in einzelnen Kommunen wie etwa die „Hotelbettensteuer“ oder die „Rotlichtsteuer“;
Grundsteuer: 12.200 Millionen Euro
Grunderwerbsteuer: 8300 Millionen Euro
Feuerschutzsteuer: 382 Millionen Euro
Zweitwohnungsteuer: 108 Millionen Euro
Lohn- undEinkommensteuer: 213.400 Millionen Euro
Gewerbesteuer:43.200 Millionen Euro
Körperschaftsteuer:18.900 Millionen Euro
Solidaritätszuschlag:14.000 Millionen Euro
Kirchensteuer: 10.000Millionen Euro
Versicherungsteuer: 11.400 Millionen Euro
Abgeltungsteuer: 8400 Millionen Euro
Erbschaftsteuer: 4200 Millionen Euro
Beiträge Rentenversicherung: 192.000 Millionen Euro
Beiträge Krankenversicherung: 176.000 Millionen Euro
Beiträge Arbeitslosenversicherung: 26.600 Millionen Euro
Beiträge Pflegeversicherung: 23.000 Millionen Euro
Energiesteuer: 39.500 Millionen Euro
EEG-Umlage: 20.400 Millionen Euro
Kfz-Steuer: 8500 Millionen Euro
Stromsteuer: 7000 Millionen Euro
Konzessionsabgabe: 2200 Millionen Euro
Kernbrennstoffsteuer: 1400 Millionen Euro
Luftverkehrsteuer: 960 Millionen Euro
Offshore-Haftungsumlage: 850 Millionen Euro
Netzumlage (Strom): 810 Millionen Euro
Aufschlag Kraft-Wärme-Kopplung: 410 Millionen Euro
Schreiende Ungerechtigkeit, finden Ökonomen und auch Vertreter der Bundesregierung. 2012 wollten sie den Spuk beenden und die Bürger rückwirkend um sechs Milliarden Euro entlasten. Doch die Opposition fürchtete Löcher im Haushalt – und wollte sich die Zustimmung in einem Tauschgeschäft bezahlen lassen. Gleichzeitig, so der Wunsch von SPD und Grüne, sollte der Spitzensteuersatz erhöht werden. Die Regierung lehnte ab, die Kalte Progression blieb.
Ironie der Geschichte: Die Kalte Progression belastet vor allem Geringverdiener. "Bezieher niedriger Einkommen werden durch die kalte Progression prozentual höher belastet als Steuerpflichtige mit hohen Einkommen", heißt es in einer Studie des IW Köln. Demnach muss ein nicht verheirateter Steuerzahler mit einem Einkommen zwischen 20.000 und 30.000 Euro in den nächsten sieben Jahren wegen der kalten Progression 160 Euro mehr Steuern zahlen.
Konjunktur
Sein Anteil an der gesamten Steuermehrbelastung beträgt in diesem Zeitraum damit 45 Prozent. Auch bei den Normalverdienern (Einkommen bis 100.000 Euro) macht der Anteil der kalten Progression an der Mehrbelastung immerhin noch zwischen 20 und 32 Prozent aus. Erst ab einem sechsstelligen Einkommen sinkt die Belastung durch die kalte Progression prozentual auf 13 Prozent. Ab einem Einkommen von 250.000 schlägt der Effekt prozentual sogar nur noch mit sieben Prozent zu.
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