
Heute hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt einer Organisation des Christlichen Gewerkschaftsbundes CGB die Tariffähigkeit aberkannt – mal wieder, muss man sagen. Denn wie jetzt der im Gesundheitswesen agierenden Medsonet, so hatten schon die CGB-Organisationen für die Zeitarbeit und diejenige für die Holz- und Kunststoffbranche ihr Recht verloren, Tarifverträge auszuhandeln. Es mangelt schlicht an Mitgliedern in den jeweiligen Wirtschaftsbereichen.
Vor einem Jahr schon sah Hagen Lesch, Gewerkschaftsforscher am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, die christlichen Gewerkschaften in einer Krise. "Das Image der christlichen Gewerkschaften ist negativ besetzt." Sie waren halt die Dumping-Gewerkschaft, deren Tarifvertrag etwa Anton Schlecker nutzte, um altgediente Kräfte rauszuwerfen und als Billig-Zeitarbeitskräfte wieder einzustellen.
Die miese Historie und die aktuell schlechte Performance halten auch Arbeitgeber davon ab, sich auf die CGB-Organisationen mit ihren nur noch 273 000 Mitgliedern einzulassen. Wie tausende von Zeitarbeitsunternehmen müssten ihre Unternehmen schließlich irgendwann mit Lohn-Nachforderungen der Arbeitnehmer und mit Sozialbeitrags-Nachforderungen der Rentenversicherung rechnen, falls auch diesen CGB-Organisationen die Tariffähigkeit aberkannt würde. Rechtssicherheit gibt es nicht mehr.
Die DGB-Gewerkschaften – nun etwa Verdi – haben nun mehrfach mit Erfolg den Rechtsweg genutzt. Und da nun höchstrichterliche BAG-Urteile vorliegen, dürften sich nun auch untere Arbeitsgerichts-Instanzen mit Entscheidungen contra CGB leichter tun.
Es wird eng für den CGB, der noch neun Tarif-Organisationen hat. Einer davon – dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe Aleb - droht in Kürze als nächstem tarifmäßig der Exitus. Dann wären´s nur noch acht.
Zu retten versucht sich der CGB mit einer kuriosen und krassen Kehrtwende. „Wir wollen weg aus der Billigheimer-Ecke“, sagt CGB-Generealsekretär Christian Hertzog und konstatiert ein „Umdenken in vielen Bereichen“. Sogar einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro fordert der CGB neuerdings. Er kritisiert die Tarifflucht vieler Arbeitgeber und fordert Tarifabschlüsse, die nicht mehr vom „Branchenüblichen deutlich abweichen“.
Weil die Kehrtwende nicht jeder kapiert, vereinbart allerdings etwa die CGB-Gewerkschaft DHV Tariflöhne für Werkvertragsarbeiter in Höhe von 6,50 Euro in West- und 6 Euro in Ostdeutschland. Das nannte die Schwestergewerkschaft CGM gemäß des neuen Kurses "inakzeptabel".
Um am Rand nicht abzusaufen, versucht sich der Ertrinkende in die Mitte des Flusses zu retten. Wer aber, fragt man sich, braucht einen CGB, der ungefähr so ist wie der DGB – nur kleiner, machtloser und mit einer enorm dunklen Vergangenheit?