US-Notenbank Fed Warten auf das Signal

Heute tagt die Federal Reserve. Beobachtet von Ökonomen und Investoren. Sie achten auf jedes Wort, das Fed-Chefin Janet Yellen von sich gibt. Wagen sich die US-Notenbanker so kurz vor der Wahl an den Leitzins?

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Investoren und Ökonomen werden sorgfältig auf die Wortwahl der Fed in ihrem Statement achten. Quelle: Reuters

New York Eine knappe Woche vor der umstrittensten US-Wahl der jüngeren Vergangenheit findet die November-Sitzung der US-Notenbank Fed statt. Auch wenn die Geldpolitiker immer wieder betonen, dass sie ihre Entscheidungen unabhängig von der Tagespolitik treffen, rechnet niemand damit, dass sie den Leitzins, der zurzeit als Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent definiert ist, ausgerechnet jetzt zum zweiten Mal nach dem ersten Schritt im vergangenen Dezember anheben.

Zu groß wäre die Gefahr, dass ihnen das in irgendeiner Weise als politisches Signal ausgelegt würde, etwa als Hilfe für die regierenden Demokraten, weil eine Zinserhöhung ja für eine gesunde Wirtschaft spricht. Außerdem ist nach einer derart umstrittenen Wahl nicht auszuschließen, dass die Kapitalmärkte bei einem überaschendenden Ergebnis, etwa einem Sieg von Donald Trump, negativ reagieren. Und die Märkte haben die Notenbanker durchaus im Blick, obwohl die Währungshüter auch da immer wieder betonen, sie handelten unabhängig von kurzfristigen Entwicklungen.

Investoren und Ökonomen werden aber sehr sorgfältig auf die Wortwahl der Fed in ihrem Statement achten. Zuletzt hieß es dort, Fed-Chefin Janet Yellen und ihre Kollegen warteten auf „noch mehr Anzeichen“ für einen Fortschritt der US-Wirtschaft hin zu den Zielen der Notenbank. Sollte es nach der November-Sitzung heißen „noch etwas mehr Anzeichen“, dann wäre das als eine verhaltene Ankündigung der nächsten Zinserhöhung im Dezember zu werten, glaubt Volkswirt Michael Feroli von JP Morgan.

Die Ziele der Fed sind Vollbeschäftigung und eine Inflationsrate von zwei Prozent. Während das erste Ziel so gut wie erreicht ist, fehlen beim zweiten noch einige wenige Prozentpunkte. Die Fed ist aber, wie sie immer wieder betont, zufrieden, wenn das zweite Ziel mittelfristig in Reichweite kommt. Denn Geldpolitik wirkt mit Verzögerung und muss daher entsprechend vorausschauend gehandhabt werden.

Innerhalb der Fed herrscht keine Einigkeit über den Kurs der Geldpolitik. Schon beim letzten Mal haben drei der Entscheidungsträger im geldpolitischen Ausschuss gegen die Mehrheit und für eine Zinsanhebung gestimmt. Sollte es im Dezember endlich zum Zinsschritt kommen, wäre wahrscheinlich zunächst wieder Einigkeit hergestellt. Gleich anschließen dürfte sich aber die Diskussion, auf welchem Pfad die Fed weitermachen soll.


Macht Yellen ihre „Phase unter Hochdruck“ wahr?

Yellen hatte Mitte Oktober für Aufregung gesorgt, weil sie andeutete, möglicherweise sei eine „Phase unter Hochdruck“ der richtige Weg, um Amerikas Wirtschaft von den Wunden der Finanzkrise zu heilen. Ihrer Einschätzung nach ist die Gefahr steigender Inflation geringer als in früheren, ähnlichen Situationen. Zugleich ist die Bereitschaft der Unternehmen zu investieren sehr gering. Eine Phase steigender Löhne und guten Wachstums könnte die Manager aus ihrer Lethargie reißen und sie zu Investitionen antreiben, um ihre Betriebe zu modernisieren, glaubt Yellen.

Ihr Stellvertreter Stanley Fischer warnte kurz darauf aber, „Hochdruck“ könne nicht heißen, die Inflation wirklich überschießen zu lassen. Er fürchtet, dass die Fed sonst später allzu schnell die Zinsen erhöhen muss, um die Preissteigerung wieder einzufangen – eine Sorge, die auch einige Ökonomen wie etwa Torsten Slok von der Deutschen Bank teilen. Im Hintergrund spielt dabei die Frage mit, wie genau die Fed ihr Inflationsziel von zwei Prozent interpretiert.

Anders als bei der Europäischen Zentralbank ist diese Marke nicht ausdrücklich als Obergrenze definiert. Daher gibt es zumindest bei einigen Geldpolitikern die Lesart, dass nach einer längeren Phase mit weniger als zwei Prozent – wie sie derzeit stattfindet – eine gewisse Zeit mit deutlich mehr immer noch zielkonform wäre.

Interessant ist jedenfalls, dass sich sogar zwischen Yellen und ihrem Stellvertreter ein Hauch von Meinungsverschiedenheit in der Öffentlichkeit zeigt. Die beiden werden sich aber bemühen, bei ihrem Stimmverhalten einheitlich zu verfahren. Nach den Traditionen der Fed wäre ein abweichendes Votum ihres sehr renommierten Stellvertreters eine Brüskierung für die Fed-Präsidentin.

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