Währung Unter dem Strich bleibt was

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Freude über den sinkenden Euro-Kurs

Regelrecht Freude über den sinkenden Euro-Kurs kommt bei Matthias Zachert auf, dem neuen Chef des Kölner Chemiekonzerns Lanxess. Für das Unternehmen spielen „Veränderungen des Euro-Dollar-Kurses die größte Rolle, da der Ein- und Verkauf von Chemiegütern häufig in Dollar fakturiert wird – und auch Preislisten für Produkte in Dollar geführt werden“, heißt es bei Lanxess. So ging im ersten Halbjahr trotz höherer Verkaufsmengen auch wegen des starken Euro der Umsatz um 4,1 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro zurück. „Gegenüber dem deutlich stärkeren Euro zu Beginn des Jahres wäre ein Wechselkurs auf dem aktuellen oder sogar niedrigeren Niveau für Lanxess vorteilhaft“, heißt es nun im Konzern.

Wo keine Euphorie über den von der EZB gewünschten niedrigen Euro-Kurs aufkommt, herrscht meist Gelassenheit. „Das Währungsrisiko besteht nun einmal, wenn man als international tätiges Unternehmen Geschäfte in Ländern mit unterschiedlichen Währungen macht“, heißt es beim Pharmahersteller Merck. Um von Währungsschwankungen nicht völlig überrascht zu werden, sichern die Darmstädter ihr Geschäft mit Finanzderivaten. Dabei konzentriert sich der Nasivin- und Erbitux-Hersteller auf den Dollar und passt den Umfang seiner Absicherung seit 2011 in einem Dreijahreszeitraum an.

Kurzfristige Währungsschwankungen leiten nicht das Geschäft

Tief greifende Auswirkungen auf die Unternehmensstrategien hat die Wechselkurs-Politik der EZB sowieso kaum. BMW etwa hat entschieden, mit der Produktion immer mehr dorthin zu gehen, wo die meisten künftigen Käufer erwartet werden. So stecken die Bayern bis 2016 rund eine Milliarde Dollar in den Ausbau des Werkes in Spartanburg im US-Bundesstaat South Carolina. Dadurch soll die Produktionskapazität dort von jährlich rund 300.000 auf 450.000 Autos steigen.

Zwar könnte BMW diese Autos auch in Europa produzieren, in die USA exportieren und dabei Extraerlöse durch einen schwächelnden Euro einstreichen. Doch von kurzfristigen Währungsschwankungen lassen sich die Münchner nicht leiten. Investitionen wie in Spartanburg seien „langfristige strategische Entscheidungen“, betont ein Konzernsprecher.

Stattdessen setzen die Münchner auf klassisches Hedging und sind nach eigener Auskunft „für 2014 in den Hauptwährungen weitgehend gesichert“. Dazu bieten sich den Bayern zum Beispiel Instrumente, die einen festen Wechselkurs bieten. Eine andere Variante sind Optionen, mit denen sich das Unternehmen nur das Recht erwirbt, im Falle eines steigenden Dollar einen Dollar-Betrag noch zum alten, günstigeren Kurs eintauschen zu dürfen. Dafür wird eine Prämie fällig. Fällt der Dollar wider Erwarten, muss das Unternehmen den Dollar-Betrag nicht abnehmen, sondern hat nur die Prämie verloren.

In welches Wechselbad die Veränderung des Euro-Kurses ein Unternehmen stürzen kann, bekommt derzeit BMW-Konkurrent Daimler zu spüren. Im ersten Halbjahr hatten Wechselkurs-Veränderungen noch zu Belastungen geführt. „Diese sollten durch die jüngste Abwertung des Euro zum Dollar zum Teil wieder aufgeholt werden“, heißt es nun. Pech für die Stuttgarter, dass sie sich bis zum Jahresende so weit abgesichert haben, dass die Segnungen der EZB-Politik sie kaum treffen dürften. „Da wir für dieses Jahr bereits fast vollständig gehedgt sind“, so die Antwort auf die Anfrage der WirtschaftsWoche, „werden wir nur in geringem Maße vom erstarkten Dollar profitieren.“

Gepflegtes Understatement

Ein gepflegtes Understatement lässt Airbus-Chef Tom Enders zur aktuellen Euro-Schwäche verbreiten. Der deutsch-französische Flugzeugbauer und Rüstungskonzern mit Produktionsstätten überwiegend in Europa, bezahlt seine Lieferanten und Beschäftigten vor allem in Euro. Die Flugzeuge rechnet er aber üblicherweise in Dollar ab. Steigt dessen Wert, kann Enders seine Flugzeuge billiger anbieten, ohne Einnahmen in Euro einzubüßen. Oder er kassiert mehr Euro beim gleichen Preis. „Wir begrüßen die Entwicklung und sehen eine weitere Bewegung in diese Richtung positiv“, heißt es deshalb bei Airbus.

Tatsache ist: Die Airbus-Fabriken sind dank 5900 bestellter Flugzeugen für die nächsten acht bis neun Jahre ausgelastet. Mit jedem Cent, den der Euro gegenüber dem Dollar verliert, steigt der Konzerngewinn rein rechnerisch um rund 100 Millionen Euro. Das ist so viel, wie Airbus-Chef Enders durch den Verkauf seines Passagierjets A321 neo zum Listenpreis einnimmt.

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