Währung Unter dem Strich bleibt was

Der schwächere Euro wird zum Konjunkturprogramm für exportstarke Unternehmen mit wenig Produktion im Dollar-Raum. Standortentscheidungen bleiben davon aber unberührt.

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Euro-Münzen auf einer Deutschland-Fahne Quelle: dpa

Josef Trischler ist guter Dinge. Das Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) rechnet damit, dass das Gros der rund 3100 Mitglieder (Umsatz 2013: 206 Milliarden Euro) zunehmend weniger Neigung verspürt, sich für das Exportgeschäft über kostspielige Termingeschäfte abzusichern. Dieses sogenannte Hedging betreiben Unternehmen immer dann, wenn die Gefahr besteht, dass etwa der Dollar abwertet und sie dadurch beim Umtausch in Euro am Ende weniger verdienen, als sie bei der Auftragserteilung ursprünglich kalkuliert hatten.

Seit sich die Europäische Zentralbank (EZB) anschickt, den Euro möglichst schwach zu halten, lässt diese Furcht aber immer mehr nach. Denn je niedriger der Euro gegenüber dem Dollar notiert, desto mehr Euro erhalten die Maschinenbauer beim Umtausch ihrer Devisen, die sie durch den Verkauf ihrer Textil-, Druck- oder Verpackungsanlagen zum Beispiel in die USA einnehmen. Zwar müssen die Einkäufer im Gegenzug mehr Euro für Rohstoffe oder sonstige Importe hinlegen, die in Dollar abgerechnet werden. Doch unter dem Strich dürfte mehr übrig bleiben als vorher. „Der Anteil der Einkäufe aus dem Dollar-Raum“, weiß Trischler, der beim VDMA auch als oberster Betriebswirt firmiert, „ist wertmäßig klar niedriger als der Anteil der Verkäufe.“

Keine Frage: Die Schwächung des Euro, allem voran durch immer niedrigere Zinsen, ist für die exportorientierten deutschen Unternehmen – und das sind die 30 Konzerne im Deutschen Aktienindex (Dax) und die 100 wachstumsstärksten mittelständischen Weltmarktführer (WirtschaftsWoche 4/2013) allemal – ein wahres Konjunkturprogramm. Zwar stehe auch der japanische Yen nach wie vor relativ schwach, schränkt VDMA-Funktionär Trischler ein, was den deutschen Werkzeugmaschinenbauern im Wettbewerb mit ihren starken japanischen Konkurrenten schade. Für den Preiswettbewerb mit amerikanischen Anbietern aber, die von den niedrigen Energiepreisen sowie den geringen Löhnen in ihrem Land profitieren, stimmt derzeit die Richtung, die der Euro-Kurs einschlägt.

Die Folgen der EZB-Niedrigzinspolitik

Kein entscheidender Faktor

Wie sehr der Sinkflug des Euro hilft, hängt allerdings vom jeweiligen Unternehmen ab. „Tendenziell hilft uns als exportorientiertem Unternehmen der stärkere Dollar“, heißt es beim Werkzeugmaschinenbauer Trumpf im schwäbischen Ditzingen. Dies sei allerdings kein Faktor, der das Geschäft entscheidend beeinflusse.

Zum einen sei der Euro-Raum mit einem Anteil von rund 50 Prozent nach wie vor der größte Absatzmarkt des Unternehmens, erklärt Trumpf. Zudem sei der Export der High-Tech-Werkzeugmaschinen sowie Laser- und Medizintechnik aus Deutschland in Nicht-EU-Länder „durch langfristiges Hedging gegen kurzfristige Kursschwankungen abgesichert“. Zum andern haben die Schwaben Produktionsanlagen im außereuropäischen Ausland aufgezogen, auch in den USA. Zwei Fabriken produzieren für Abnehmer in den Vereinigten Staaten. „Natural Hedging“ sagen Finanzchefs dazu, zu Deutsch: natürliche Absicherung. Weil ein Großteil der Kosten sowie die Einnahmen in Dollar anfallen, muss sich Trumpf in den USA um Währungsturbulenzen erst einmal nicht kümmern. Und fällt der Euro, vergrößert das den US-Gewinn in Euro.

Auch die einstige Paradefirma Heidelberger Druckmaschinen (Konzernverlust im ersten Quartal des aktuellen Geschäftsjahrs: 34 Millionen Euro) kann nach eigener Auskunft „in allen Regionen von der derzeitigen Euro-Schwäche profitieren“. Der Konzern erzielt 80 Prozent seines Umsatzes (im Geschäftsjahr 2013/14 rund 2,4 Milliarden Euro) im Ausland. Sicherungsinstrumente gegen Währungsrisiken rücken nun aber in den Hintergrund, „da das Unternehmen seine Produkte aufgrund der Währungsrelation außerhalb des Euro-Raums günstiger anbieten kann“.

Auswirkungen des Euro-Kurses auf ausgewählte Unternehmen

Deutsche Handelsbilanz

Welche Spuren der schwache Euro in der deutschen Handelsbilanz hinterlässt, zeigte der Juli. Da stellten die deutschen Unternehmen mit 101 Milliarden Euro einen neuen Ausfuhrrekord auf. Weil gleichzeitig die Importe um 1,8 Prozent schrumpften, erreichte auch der deutsche Handelsüberschuss mit 23,4 Milliarden Euro eine neue Rekordmarke.

Die vom schwachen Euro gespeisten Rekorde dürften in den kommenden Monaten die Gewinn-und-Verlust-Rechnung vieler Unternehmer ordentlich aufhübschen. Beispiel BASF: Noch im zweiten Quartal kostete die relative Stärke des Euro den Chemiekonzern im Vergleich zum Vorjahr 684 Millionen Euro Umsatz. Wird der Euro jetzt weicher, treibt dies nicht nur den Umsatz. Jeder US-Cent, den der Dollar höher und der Euro entsprechend niedriger notiert, verbessert das Ergebnis von BASF gleich um rund 50 Millionen Euro.

Eine ähnliche Rechnung macht der Chemie- und Pharmakonzern Bayer auf. Eine Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar um ein einziges Prozent erhöht den Konzernumsatz um 84 Millionen Euro. Und das, ohne dass die Leverkusener eine einzige Schachtel Aspirin oder eine Ladung Kunststoff mehr verkauft hätten. Beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, kurz: Ebitda, beträgt das Plus immerhin noch 24 Millionen Euro. Der größte Brocken des Windfall-Profits entstammt dabei der Pharmasparte (HealthCare) und dem Geschäft mit den Landwirten (CropScience).

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