Währungsunion Die Lebenslügen des Euro

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Lebenslüge 1: Wohlstand für alle

ARCHIV - Banknoten von 50, 20 Quelle: dpa

Ein gemeinsamer Wirtschaftsraum braucht ein gemeinsames Geld. Mit diesem Postulat warben die Politiker in den Neunzigerjahren für eine Einheitswährung in Europa. Unter dem Dach einer gemeinsamen Geldpolitik sollten alle Länder von stabilen Preisen und mehr Wohlstand profitieren. Doch es gab noch einen anderen Grund: Frankreich hatte als Preis für seine Zustimmung zur Wiedervereinigung gefordert, Deutschland müsse die D-Mark aufgeben und die geldpolitische Kompetenz an eine gemeinsame Zentralbank abgeben. Damit wollte Frankreich die Hegemonialstellung der Bundesbank brechen.

Diese hatte seit dem Zusammenbruch des Festkurssystems von Bretton Woods den geldpolitischen Ton in Europa vorgegeben. Ihre stabilitätsorientierte Geldpolitik ließ den anderen Zentralbanken nur die Wahl, entweder dem Kurs zu folgen oder die eigene Währung abzuwerten. Daher war die Einführung des Euro von Beginn an in erster Linie ein politisches Projekt. Die ökonomischen Fakten jedoch sprachen schon damals dagegen. So macht eine Einheitswährung ökonomisch nur Sinn, wenn die Mitglieder einen sogenannten "optimalen Währungsraum" bilden. Dazu müssen die Löhne und Preise flexibel und die Arbeitskräfte mobil sein. Güter- und Kapitalmärkte sollten stark vernetzt sein.

Keine gemeinsame Wirtschaftspolitik

Außerdem müssen die teilnehmenden Länder über eine diversifizierte Branchenstruktur verfügen und eine gleichgerichtete Wirtschaftspolitik verfolgen. Nur dann können sie wirtschaftliche Schocks ohne Rückgriff auf Währungsabwertungen abfedern. In den meisten Euro-Ländern aber sind die Löhne nicht hinreichend flexibel und die Arbeitskräfte wenig mobil. Das wirtschaftliche Wohl in Ländern wie Griechenland und Irland hängt an einigen wenigen Branchen. Auch an gemeinsamer Wirtschaftspolitik hapert es. Während die Länder im Süden in staatlichen Eingriffen und Inflation ein probates Mittel zur Lösung ihrer Probleme sehen, setzen die Nordländer stärker auf Wettbewerb und Stabilität. Schlechte Voraussetzungen für ein harmonisches Leben unter einem Dach.

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