Währungsunion Die Lebenslügen des Euro

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Lebenslüge 6: Fördern und fordern

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Seitdem die Euro-Staaten das erste Hilfspaket für Griechenland beschlossen, wiederholt Angela Merkel unablässig, dass europäische Solidarität ihren Preis habe. "Die Vergabe ist an strenge Konditionen geknüpft", versprach die Kanzlerin den Bundesbürgern, als im Mai 2010 der Übergangs-Rettungsfonds EFSF geschaffen wurde. O-Ton Merkel: "Wir helfen unter der Bedingung, dass sich der betroffene Staat zu umfassenden Eigenanstrengungen verpflichtet." Auch bei ihrer Regierungserklärung zum künftigen ständigen Rettungsfonds ESM hob sie im Dezember 2010 die "strikten Auflagen" hervor.

Und im März dieses Jahres kündigte Merkel zu den künftig einstimmig zu treffenden Beschlüssen zum ESM an: "Deutschland kann sein Veto einlegen, wenn die Voraussetzungen für Hilfen nicht gegeben sind – und davon werde ich Gebrauch machen." Die Realität ist eine andere. Griechenland hat die Auflagen aus dem ersten Paket nicht erfüllt, wie EU-Kommission, EZB und IWF festgestellt haben. Die Staatsausgaben sind im ersten Halbjahr 2011 um 8,8 Prozent gestiegen, anstatt zu sinken. Trotzdem bekommt das Land nun sogar ein zweites Hilfspaket, weil der Schutz Griechenlands "ein Selbstverteidigungsmechanismus für die Euro-Zone ist", wie der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos findet.

Auch Irland und Portugal verfehlen die Auflagen

Nach dem Motto: Die Euro-Zone hat ohnehin keine Wahl. In Portugal und Irland sieht es nicht viel besser aus. Beide Länder bekommen Hilfen vom EFSF – und beide haben im ersten Halbjahr die Auflagen verfehlt. Zur Belohnung gab es auf dem jüngsten EU-Gipfel niedrigere Zinsen für ihre Kredite. Und was ist mit den angeblich strengen Auflagen für den Rettungsfonds, wenn dieser künftig Staatsanleihen angeschlagener Länder von privaten Anlegern aufkauft? Finanzminister Schäuble betont, es handele sich hierbei um keinen Freibrief. Nein, auch hier hat die europäische Politik wieder einmal Konditionen eingebaut. Sie dürften nur im Notfall wenig wert sein.

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