Weltwirtschaft So entwickeln sich die wichtigsten Volkswirtschaften

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Brasilien und Russland

China, Brasilien, Russland und Indien waren lange Zeit die Shootingstars der Weltwirtschaft. Doch nun schwächeln die erfolgsverwöhnten Schwellenländer. Das hat auch Folgen für Deutschland.

Brasilien

Brasiliens Konjunkturaussichten trüben sich ein. Nachdem das Statistische Amt im dritten Quartal schrumpfende Konjunkturzahlen registrierte, korrigierten mehrere Institute ihre ohnehin mageren Wachstumsprognosen weiter herunter. Problematisch ist, dass vor allem die Investitionen in Maschinen und Anlagen nachlassen. Auch der aktuelle Investitionszyklus in der Infrastruktur geht möglicherweise seinem Ende entgegen; in der Landwirtschaft lassen die Investitionen ebenfalls nach.

Der starke Konsum kann dies alles nicht ausgleichen. Für die Unternehmen sind gestiegene Finanzierungskosten sowie die hohe Inflation Gründe, sich zurückzuhalten. Auch der schwache Real treibt die Preise. Seit April hat die Zentralbank deshalb begonnen, den Leitzins zu erhöhen.

Brasilien

Das grundlegende Problem der brasilianischen Wirtschaft: Sie scheint nicht in der Lage zu sein, mehr als zwei Prozent im Jahr zu wachsen, ohne dass die Inflation schlagartig zulegt. Denn trotz der stagnierenden Wirtschaft bewegt sich die Arbeitslosigkeit auf einem historisch niedrigen Niveau. Daher erhöht jeder Wachstumsschub sofort die Faktorkosten für Kapital wie Arbeit.

Positiv auf das Wachstum könnten sich die erfolgten Ausschreibungen bei Ölfeldern und Flughäfen sowie die Fußballweltmeisterschaft auswirken.

Russland

Optimismus in großen Portionen hatte die russische Regierung verteilt, ehe sie sich vor einem Jahr in ihren ausgedehnten Neujahrsurlaub abmeldete: Um 3,7 Prozent werde die Wirtschaft in 2013 wachsen. Weniger zwar als vor der Krise 2008 – damals legte das russische BIP im Schnitt um sieben Prozent pro Jahr zu –, aber eben doch ein deutliches Plus. Im Jahresverlauf allerdings musste das Wirtschaftsministerium die Prognosen mehrfach nach unten korrigieren; zuletzt ging man im November von 1,4 Prozent Wachstum aus. Für ein Land, das wie China oder Indien einen gewaltigen Investitions- und Modernisierungsbedarf aufweist, ist das zu wenig – und es gibt nicht wenige Stimmen in Moskau, die Russland in eine dauerhafte Rezession schlittern sehen.

Jedenfalls wächst das Land kaum noch. Die Daten zur Industrieproduktion bewegten sich in den Statistiken von Januar bis einschließlich Oktober praktisch nicht vom Fleck, der Außenhandel Russlands schrumpfte sogar um 0,7 Prozent zum Vorjahreszeitraum. In der Ausfuhrbilanz spielen wie eh und je die Rohstoffe eine Hauptrolle, wogegen nur 3,4 Prozent der exportierten Produkte Maschinen oder Anlagen sind. Die Abhängigkeit von den Schwankungen der Rohstoffpreise hat die russische Regierung nicht reduzieren können.

Russland

Im Herbst schlug Premierminister Dmitri Medwedew Alarm. Er kritisierte die überzogene Rolle des Staates in der heimischen Wirtschaft, die die Entwicklung eines leistungsfähigen Privatsektors jenseits der Öl- und Gasindustrie verhindert. „Ich meine, dass der Schutz des Privateigentums und der Wettbewerb ohne Zweifel unsere politischen Prioritäten bleiben sollten“, so der Liberale im Team von Kremlchef Wladimir Putin. Der Regierungschef kündigte umfangreiche finanzielle Unterstützung für kleinere und mittlere Unternehmen an.

Ob dies reicht, um Russland auf Wachstumskurs zu bringen, ist zu bezweifeln. Im Kern leidet das Land an einem miserablen Investitionsklima: Trotz eines attraktiven Markts fließt das meiste verdiente Geld ab, statt reinvestiert zu werden. Enteignungen und Prozesse gegen Manager lassen kein Vertrauen in die Rechtssicherheit aufkommen. Die Rechtsprechung müsste verbessert, Korruption und Bürokratie bekämpft werden – aber da traut sich die russische Elite nicht heran. Wohl auch, weil der Status quo viel zu lukrativ für die bequemliche Führung des Landes ist.

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