Der Fluch des Ölsegens. Um fast zehn Prozent ging der Nettogewinn von Gazprom 2012 zurück, womit der Gaskonzern aus Moskau den Titel des profitabelsten Unternehmens der Welt verloren hat. 29 Milliarden Euro Gewinn ist aber etwa so viel wie der Umsatz der Lufthansa. Man könnte den Gewinneinbruch als Luxusproblem abtun – wäre er nicht Sinnbild für Russlands strukturelles Problem: Die Volkswirtschaft hängt viel zu sehr am Auf und Ab des Ölpreises, dem der russische Gaspreis verzögert folgt. Weil der Ölpreis niedrig ist und die Nachfrage nach Pipelinegas aus Russland sinkt, steht die Wirtschaft des Landes insgesamt unter Druck.
Zahlen und Fakten zu Russland
Russland ist mit einer Fläche von 17.075.400 km² das größte Land der Erde.
Mit 141,85 Millionen Einwohnern liegt Russland auf Rang 9. Durch die Größe des Landes ergibt sich allerdings eine sehr dünne Besiedlung. Auf einem Quadratkilometer leben umgerechnet nur 8,3 Menschen.
Die Hauptstadt Russlands ist Moskau (Moskwa). Mit 11.514.300 Einwohnern ist Moskau die mit Abstand bevölkerungsreichste Stadt Russlands.
Das Bruttoinlandsprodukt lag im Jahr 2010 bei 1.480 Milliarden US-$. 59 Prozent der Leistung erwirtschaftet der Dienstleistungs-Sektor, 37 Prozent die Industrie, vier Prozent am BIP steuert die Landwirtschaft bei. Der reale Zuwachs lag im vergangenen Jahr bei 4,0 Prozent.
Russland importierte 2010 Waren im Wert von 229 Milliarden US-Dollar. Den größten Anteil haben die chemische Erzeugnisse (14 Prozent). Der Export lag bei 396 Milliarden US-Dollar. Größter Exportschlager sind Erdöl und -produkte, Erdgas und Kohle.
Russland ist in acht Föderationsgebiete mit insgesamt 83 Territorialeinheiten eingeteilt. Diese gliedern sich auf in 21 Republiken, neun Regionen, 46 Gebieten, einem autonomen Gebiet, vier autonomen Kreisen sowie zwei Städten mit Subjekt-Status (Moskau und St. Petersburg).
Russland ist größtenteils christlich geprägt, über 70 Prozent der Einwohner sind orthodoxe Christen, 14 Prozent Muslime, 1,4 Prozent Protestanten, 0,6 Prozent Katholiken sowie 0,5 Prozent Juden.
Im Juni hatte die Landeswährung Rubel zu Euro und Dollar um rund zehn Prozent abgewertet, die Zentralbank musste den Kurs stützen. Zwar profitieren die Rohstoffkonzerne vom niedrigen Rubelkurs, da die Förderkosten in lokaler Währung anfallen, die Ausfuhren aber in Dollar abgerechnet werden. Doch die Einnahmen aus dem Rohstoffexport gehen in den Konsum, Russlands zweite große Säule des Wachstums. Was die Russen kaufen, muss meistens importiert werden – und so sorgt der fallende Rubel für steigende Preise.
Bei einer Inflationsrate von aktuell rund sieben Prozent steckt der Kremlchef im Dilemma: Ein billiger Rubel würde zwar auch Industriesektoren jenseits von Öl und Gas helfen. Doch Russlands Industrieproduktion sinkt seit einem Jahr unaufhörlich, was sich spätestens in der nächsten Rezession auf die Beschäftigungssituation auswirken wird.
Das Land ist noch gut bedient, wenn das BIP im Jahr 2013 um 2,5 Prozent wächst, wie es der IWF errechnet hat. Für die folgende Dekade erwartet die Moskauer Investmentbank Renaissance Capital nur ein durchschnittliches Wachstum von zwei Prozent. Das rohstoffgetriebene Wirtschaftsmodell hat ausgedient. Die Regierung hat das erkannt, behauptet Vizeministerpräsident Arkadi Dworkowitsch gegenüber der WirtschaftsWoche: „Wir müssen die Wirtschaftsstruktur Russlands verändern und die Abhängigkeit von Öl- und Gasexporten reduzieren.“ In diesem Sinne verspricht der frühere Wirtschaftsberater von Ex-Präsident Dmitri Medwedew: „Wir werden den Staatsanteil in Russland weiter reduzieren, indem wir die Privatisierung vorantreiben.“ Teile des Ölriesen Rosneft sollen bis 2018 an die Börse kommen.
Auf längere Sicht müsste die Regierung noch weiter gehen: zum Beispiel alles tun, um kleine und mittelständische Unternehmen jenseits der Rohstoffbranchen zu fördern. Weniger Bürokratie, weniger Korruption und weniger Staatseinfluss, stattdessen mehr Offenheit, mehr Wettbewerb und mehr Rechtssicherheit wären vonnöten, um das Investitionsklima für in- und ausländische Investoren nachhaltig zu verbessern.
Die fragwürdige Verurteilung des Oppositionsführers Alexej Nawalny geht eher in die falsche Richtung und wirft die Frage auf, ob eine Modernisierung unter Präsident Putin möglich ist.