Wirtschaft im Weitwinkel

2017 wird das Jahr der Herausforderungen

Es viele Gründe, beim Blick auf das kommende Jahr nicht in Euphorie zu verfallen. Vor allem die politische Entwicklung in Europa und der Welt hält 2017 zahlreiche Risiken bereit. Diese Entwicklung könnte selbst die widerstandsfähige deutsche Wirtschaft vor größere Herausforderungen stellen.

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Ein Mann auf einer Baustelle. Quelle: dpa

In einem heute schon schwierigen internationalen Umfeld hält sich die deutsche Konjunktur seit drei Jahren beeindruckend stabil. Seit 2014 bewegt sich die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate konstant oberhalb von 1,5 Prozent. Die Produktionskapazitäten sind gut ausgelastet, und besonders auf dem Arbeitsmarkt ist die Situation mit rekordhoher Beschäftigung ausgesprochen günstig.

Es gibt derzeit auch wenig Anzeichen dafür, dass diese insgesamt erfreuliche Entwicklung sich in der näheren Zukunft zum Negativen wenden könnte. Im Gegenteil: Die aktuellen Konjunkturindikatoren zeichnen ein freundliches Bild, die Stimmung bei Unternehmen und Verbrauchern befindet sich auf einem ausgesprochen guten Niveau.

Auf der anderen Seite ist die politische Situation in Europa derzeit alles andere als einfach. Und sie wird vermutlich nicht besser. Im Gegenteil: Im kommenden Frühjahr stehen Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich an. Bei beiden Nachbarn gibt es starke europakritische Bewegungen, deren Regierungsübernahme nicht ausgeschlossen ist. Und auch in Deutschland wird im kommenden Jahr gewählt.

Eine weitere Herausforderung sind der Brexit und die anstehenden Verhandlungen zwischen EU und der britischen Regierung über die Bedingungen des Ausstiegs. Die politische Lage in den Euro-Ländern Italien, Portugal und Griechenland birgt ebenfalls erhebliche Risiken.

Jenseits des Atlantiks herrscht nach dem Wahlsieg von Donald Trump derzeit noch recht große Ungewissheit, welche seiner zum Teil widersprüchlichen Aussagen aus dem Wahlkampf er wohl tatsächlich umsetzen wird.

Bislang haben diese Risiken im internationalen Umfeld nicht dazu geführt, dass Unternehmen und privaten Haushalten ihre ausgesprochen hohe Zuversicht mit Blick auf die Entwicklung der kommenden Monate abhandenkommt. So hat sich die Stimmung bei den deutschen Unternehmen seit dem Spätsommer sogar sehr positiv entwickelt. Die aktuelle Geschäftslage wird von den deutschen Firmen so günstig eingeschätzt wie nur selten in den letzten Jahren. Auch ihre Erwartungen haben sich nach dem Schock über das Brexit-Votum wieder gut erholt. Das Bild für die kommenden Monate ist durchaus von Zuversicht geprägt.

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt hält der kräftige Beschäftigungsaufbau auch im siebten Jahr des Aufschwungs weiter an. Er dürfte sich 2016 sogar noch einmal beschleunigt haben. Frühindikatoren deuten auf eine weiterhin positive Beschäftigungsentwicklung hin. So ist die Arbeitsnachfrage der Unternehmen ungebrochen hoch. Deshalb wird auch im Jahr 2017 die Beschäftigung weiter ansteigen, auch wenn die Wachstumsrate nicht mehr ganz so stark ausfällt wie in diesem Jahr.

Aufgrund der Arbeitsmarktintegration von anerkannten Asylbewerbern dürfte der sinkende Trend der Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr jedoch zu Ende gehen. Wir rechnen 2017 wieder mit einer leicht ansteigenden Arbeitslosenzahl.

Konsum als Stütze der deutschen Konjunktur

Die privaten Konsumausgaben bilden weiterhin die zentrale Stütze der deutschen Konjunktur. Sie profitieren vom Wachstum der verfügbaren Einkommen. Zudem hat 2016 die schwache Verbraucherpreisinflation die reale Kaufkraft der Konsumenten gestützt. Im Jahr 2017 dürfte eine etwas höhere Inflationsrate dazu führen, dass der Anstieg des privaten Verbrauchs mit 1,2 Prozent etwas hinter den +1,9 Prozent aus diesem Jahr zurückbleibt.

Neben dem privaten Verbrauch werden derzeit besonders die Wohnungsbauinvestitionen durch die expansive Geldpolitik der EZB stimuliert. Sie profitieren von den günstigen Einkommensverhältnissen der privaten Haushalte sowie den niedrigen Finanzierungskosten. Impulse kommen zudem von der kräftigen Zuwanderung. Bei den Unternehmensinvestitionen ist für 2017 dagegen kaum mit einer Beschleunigung zu rechnen, vor allem da die internationalen Absatzaussichten verhalten bleiben. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften 2017 wohl nur leicht zulegen.

Für die deutschen Ausfuhren ist auf Sicht der kommenden Monate nach zuletzt schwachen Zahlen zunächst eine merkliche Beschleunigung zu erwarten. Schließlich verzeichneten die Unternehmen zuletzt kräftig anziehende Aufträge aus dem Ausland. Die deutschen Absatzmärkte erholen sich mit Blick auf das kommende Jahr aber nur sehr zögerlich, was den Anstieg der Auslandsnachfrage begrenzen dürfte. Bei weiter zunehmenden Importen sollte sich 2017 – ähnlich wie im laufenden Jahr – ein leicht negativer Impuls des Außenhandels für die Gesamtwirtschaft ergeben.

Insgesamt dürfte sich im Jahr 2017 der Aufschwung der deutschen Konjunktur fortsetzen. Zwar ist zu erwarten, dass sich die Zunahme der Wirtschaftsleistung auf 1,2 Prozent abschwächt, jedoch lässt sich ein Teil des Wachstumsrückgangs im Vergleich zum Jahr 2016 (+1,8 Prozent) auf eine geringere Anzahl an Arbeitstagen zurückführen.

Gegen ein stärkeres Wachstum im kommenden Jahr spricht besonders die moderate Exportentwicklung, gebremst durch den schwachen Welthandel. Auch wird die leicht anziehende Inflationsrate die Kaufkraft der privaten Haushalte im kommenden Jahr nicht mehr so stark ansteigen lassen wie noch 2016. 

Seit November hat der Ölpreis um mehr als 20 Prozent angezogen und sorgt so wieder für etwas Auftrieb bei den Benzin- und Heizölnotierungen. Um die Jahreswende 2016/2017 ist ein kräftiger Auftrieb der deutschen Inflationsrate zu erwarten. Von 0,7 Prozent im November (Harmonisierten Verbraucherpreisindex HVPI) dürfte die Teuerungsrate im Dezember deutlich über die 1-Prozentmarke ansteigen. Im Frühjahr 2017 dürfte sie dann rund 1,5 Prozent betragen. Für den Jahresdurchschnitt 2017 erwarten wir einen Anstieg der deutschen Verbraucherpreise um 1,4 Prozent, nach +0,4 Prozent im Jahr 2016.

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