Wirtschaft im Weitwinkel

Warum Helikoptergeld mehr schadet als hilft

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Politik, die auf Dauer nicht gut geht

Um überhaupt eine Chance auf Wirksamkeit zu haben, müsste das Helikoptergeld dauerhaft niederregnen. Dann wäre vorstellbar, dass Konsumenten ihre Einkommenssituation günstiger als vorher einschätzen und dauerhaft ihre Konsumausgaben erhöhen. Die Produzenten könnten darauf teils mit einer Erhöhung ihrer Produktion, teils mit Preiserhöhungen reagieren – also durchaus im Sinne der ursprünglichen Absicht.

Wahrscheinlicher ist aber ein anderer Ausgang. Nämlich der, dass die Bürger endlich restlos davon überzeugt würden, dass der Zentralbank die geldpolitischen Mittel ausgehen und es sich bei dem Geldregen um ein verzweifeltes letztes Mittel handelt. Nicht nur ökonomisch Gebildeten dürfte bewusst sein, dass Wachstumspolitik mittels regelmäßiger Geldgeschenke, also mittels Vermehrung des Geldes, auf Dauer nicht gut gehen kann. Die Inflationserwartungen könnten also sehr schnell und sehr stark ansteigen – ohne dass dies mit irgendeiner realen Wachstumswirkung verbunden wäre. Der Verlust des Vertrauens in die Werthaltigkeit des Geldes könnte zu einer Flucht in vermeintlich sichere Anlageformen führen – von ausländischen Währungen über Edelmetalle oder Immobilien bis zu alternativen Währungen wie Bitcoins ist hier fast alles vorstellbar. Die Inflation würde steigen – aber wohl kaum nur bis „nahe bei zwei Prozent“. Und spätestens dann würde man sich daran erinnern, dass das Ziel der Europäischen Zentralbank nicht „Inflation“, sondern „Geldwertstabilität“ heißt.

Das Risiko ist sehr hoch, dass auch das Instrument des Helikopter-Geldes kaum wirkt oder schnell an Wirkung verliert. Im Gegenteil, die einzig bleibende Wirkung könnte ein massiver Vertrauensverlust in den Euro und die Institutionen des Euroraums sein.

Müssen wir nun dennoch damit rechnen, dass das Helikoptergeld kommt? Völlig ausschließen sollte man es nicht. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass die EZB bereit ist sehr extreme Geldpolitische Instrumente einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen.

Praktisch wird es aber auf jedenfalls sehr schwierig werden, dass die Zentralbank Geld direkt an die Bürger verteilen, ohne dass es dabei zu groben Ungerechtigkeiten und zahllosen rechtlichen Problemen käme. Wenn die Geldverteilung nicht über die Banken abgewickelt werden soll, dann bestünde der einzige einigermaßen ordnungsgemäße Weg darin, das Geld dem Staat zu schenken. Dieser würde es dann über das Steuersystem oder als Sozialleistungen an die Bürger weitergeben. Jedoch wäre dies direkte Staatsfinanzierung, was der EZB bislang verboten ist.

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