Wirtschaftswachstum Konjunkturpaket hält China auf Kurs

Chinas Wachstum stabilisiert sich. Im zweiten Quartal wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft um 6,7 Prozent. Frisches Geld von der Zentralbank war ein Antreiber. Doch ein gravierendes Problem verschlimmerte sich.

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Die chinesische Wirtschaft entwickelt sich besser als erwartet. Quelle: dpa

Ulan Bator Chinas Konjunktur geht es besser als befürchtet. Mit einem Plus von 6,7 Prozent im zweiten Quartal im Vergleich zu Vorjahreszeitraum übertraf die zweitgrößte Volkswirtschaft die Erwartungen. Von der Finanzagentur Bloomberg befragte Analysten hatten einen Zuwachs von 6,6 Prozent erwartet.
Die weltgrößte Handelsnation blieb damit auf Kurs. Nach einem Plus von 6,7 Prozent im ersten Quartal bewegt sich die Wirtschaft genau innerhalb des von Premier Li Keqiang für dieses Jahr vorgegeben Zielkorridor von 6,5 Prozent bis sieben Prozent Wachstum.
Frisches Geld von der Zentralbank trieb die Wachstumszahlen. Die Notenbank stockte Mittel für Infrastrukturprogramme auf und reduzierte Steuern. Die Staatsausgaben stiegen im Juni um gewaltige 19,9 Prozent im Jahresvergleich, wie das Finanzministerium am Freitag mitgeteilt hatte. Im Mai hatte das Plus bei 17,6 Prozent gelegen.
Zudem legte der Dienstleistungssektor weiter zu. Im ersten Halbjahr betrug das Plus 7,5 Prozent und bewegte sich damit fast auf dem Niveau des ersten Quartals mit 6,6 Prozent. „Das ist ein sehr gutes Zeichen“, sagte Kuang Xianming, Forschungsdirektor am China Institute of Reform and Development.

Auch die Einzelhandelsumsätze waren ein Grund für Optimismus. Mit einem Plus von 10,6 Prozent im Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen die Umsätze so stark wie seit Dezember nicht mehr und deutlich schneller als die 10 Prozent, die Analysten erwartet hatten.
Doch ein genauerer Blick offenbarte ein gravierendes Problem: die Investitionslage. Schon die Ausgangslage ist nicht berauschend. Die Anlageinvestitionen entwickelten sich über das gesamte erste Halbjahr gerechnet mit einem Plus von 9,0 Prozent schlechter als erwartet. In den ersten fünf Monaten hatte das Plus bei 9,6 Prozent gelegen.
Aber wesentlich beunruhigender ist die Zusammensetzung der Investitionen, warnte Forschungsdirektor Kuang. Der Staatssektor sei fast ausschließlich für die Investitionsausgaben verantwortlich. „Auf kurze Sicht ist das in Ordnung, aber auf lange Sicht ist das Gefährlich für die Wirtschaft“, mahnte Kuang.
Mit seiner Kritik steht Ökonom Kuang nicht alleine. Der bekannte Pekinger Finanzprofessor hatte die Daten für Mai genauer untersucht und dabei gezeigt, dass das Plus ausschließlich auf den Staatssektor zurückgeht. Während private Ausgaben stagnierten, steigerten Staatsfirmen und Behörden ihre Investitionen um 40 bis 50 Prozent. „Das ist ein erschreckend starker Anstieg“, kommentierte Pettis.
Die Daten deuten auf tiefergreifende Probleme. Denn Chinas Unternehmen sind mit fast 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts so hoch verschuldet wie fast nirgendwo sonst in der Welt. Und die Schulden wachsen und wachsen. Doch die Investitionsdaten deuten darauf hin, dass sie das Geld nicht für ihr Geschäft ausgeben. „Firmen leihen sich gerne Geld, weil derzeit Kredite bei Banken günstig und einfach verfügbar sind. Aber sie behalten das Geld lieber als es auszugeben“, analysierte Thomas Gatley vom auf China spezialisierten Beratungsfirma GaveKal-Draganomics.

Für Gatley zieht das Problem weitere Kreise. „Alle verfügbaren Daten bestätigen, dass gerade Unternehmen in kapitalintensiven Branchen ihre Ausgaben seit 2015 deutlich zurückgefahren haben. Und die Investitionsbereitschaft scheint weiter zurückzugehen“, sagte der Forscher. Firmen scheuten die Risiken langfristiger Anlagen. Stattdessen suchten sie nach kurzfristigen Investments, wie etwa in Aktien, Anleihen und Rohstoffen.
Wenn gerade Chinas Privatunternehmen nicht bald wieder mehr investieren, könnte die Stabilisierung von kurzer Dauer sein.

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