Wirtschaftsweisen Drei Damen für den Rat

Die Bundesregierung muss einen Nachfolger oder besser eine Nachfolgerin für die zurückgetretene Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro finden. Eine Suche im Gestrüpp von Quoten, wissenschaftlicher Exzellenz und thematischer Ausrichtung hat begonnen. Die WirtschaftsWoche Online präsentiert drei Kandidatinnen, die sich eignen.

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Die Volkswirtin Beatrice Weder di Mauro Quelle: dpa

Sind Sie eine Frau, wirtschaftswissenschaftlich vorgebildet und können etwas mit den Begriffen EFSF, ESM, PSI und OSI anzufangen? Dann sollten Sie sich beim Bundeswirtschaftsministerium als Mitglied für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (vulgo: Die fünf Wirtschaftsweisen) bewerben. Denn Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hält in diesen Tagen Ausschau nach einer Nachfolgerin für Beatrice Weder di Mauro. Die Finanzmarktexpertin wechselt demnächst auf einen gut bezahlten Job in den Verwaltungsrat der Schweizer Großbank UBS und scheidet daher zum Monatsende aus dem Sachverständigenrat aus.

Eine neue Frau muss her
Doch wer soll die attraktive Mittvierzigerin ersetzen? Spontan dürfte die Regierung wohl niemanden in petto haben, denn mit der Demission von di Mauro hatte niemand gerechnet. Zwar wäre die Amtszeit der Mainzer Wirtschaftsprofessorin im Sommer ausgelaufen, doch galt es in der Regierung als ausgemacht, sie für eine weitere Amtszeit im Club der Wirtschaftsweisen zu bestellen. Daher darf in der Ökonomen-Zunft nun gerätselt werden, wer di Mauro nachfolgt. Im Zeitalter der Quoten und politischen Korrektheit ist es nahezu undenkbar, einfach denjenigen Ökonomen auf den Posten zu hieven, der fachlich am besten geeignet ist. Nein, der Kandidat, oder besser die Kandidatin, muss nebenbei noch andere Kriterien erfüllen. An erster Stelle wäre da das Geschlecht.
Der Regierung dürfte sehr daran gelegen sein, eine Frau als Nachfolgerin von di Mauro in das Wissenschaftlergremium zu berufen. Wenn schon die Politiker die Dax-Konzerne unter Druck setzen, möglichst ein Drittel aller Vorstandsposten mit Frauen zu besetzen, können sie es sich kaum leisten, den Sachverständigenrat nach den ersten Feminisierungserfolgen wieder dem Patriarchat zu überlassen und so in das vor-emanzipatorische Zeitalter zurück zu katapultieren.

Kandidatin Buch

Wolfgang Wiegard, Vorsitzender des Sachverstaendigenrates der Bundesregierung, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schörder, Hans Eichel, Beatrice Weder die Mauro, Edelgard Bulmahn, Peter Bofinger Quelle: AP

Schön wäre es natürlich, wenn die Neue im Rat, wie di Mauro, Expertin für Finanz- und Bankenfragen wäre und damit ein Thema abdeckte, das derzeit die wirtschaftspolitische Debatte bestimmt. Die perfekte Nachfolgerin sollte zudem - ebenso wie di Mauro, die die schweizerische und die italienische Staatsbürgerschaft besitzt – eine ausländische Staatsbürgerschaft aufweisen. Dann könnte die Regierung schön zeigen, dass Migranten in Deutschland Chancen haben, in wichtige Ämter aufzusteigen. Doch das Problem ist, dass es nicht allzu viele Ökonomie-Professorinnen hierzulande gibt, die all die politischen Wunschkriterien erfüllen. Immerhin drei Ökonominnen könnten jedoch den political-correctness –Test bestehen, wenn auch mit kleinen Abstrichen.

Claudia Buch erfüllt nur eine Quote
Zum einen wäre da Claudia Buch. Die am Institut für Weltwirtschaft in Kiel promovierte Ökonomin sitzt seit 2008 dem Wissenschaftlichen Beirat im Bundeswirtschaftsministerium (BMWI) vor. Zudem leitet sie als wissenschaftliche Direktorin das Institut für angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen. Buch forscht zu Bankenfragen, internationalen Kapitalströmen und Standortentscheidungen von Unternehmen. Als Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats beim BMWI ist sie Mitautorin des Gutachtens zur „Reform von Bankenregulierung und Bankenaufsicht nach der Finanzkrise“. Thematisch würde sie daher 100-prozentig auf die di-Mauro-Stelle bei den fünf Weisen passen.
Allerdings scheut Buch die öffentliche Diskussion und das laute Wort. Gerade das dürfte aber nötig sein, um sich gegen die anderen Männer im Sachverständigenrat durchzusetzen und in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Anders als Weder di Mauro besitzt Buch zudem die deutsche Staatsbürgerschaft. Die Ausländerquote kann die Regierung mit ihr nicht heben.

Schnitzer und Marin

Die mächtigsten Frauen Deutschlands
Simone Bagel-Trah Quelle: dpa
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Friede Springer Quelle: AP
Maria-Elisabeth Schaeffler Quelle: AP
Anke Schäferkordt Quelle: dpa
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Das gilt auch für Monika Schnitzer. Die Professorin von der Uni München ist in der Forschung auf ähnlichem Gebiet unterwegs wie Buch. Schnitzer ist in Mannheim geboren, hat an der Uni in Köln studiert und in Bonn promoviert sowie habilitiert. In ihren Arbeiten beschäftigt sie sich mit Fragen des Außenhandels, internationalen Direktinvestitionen sowie dem Einfluss multinationaler Unternehmen. Wie Buch sitzt auch Schnitzler im wissenschaftlichen Bereit des BMWI, kennt also das Beratungsgeschäft. Der Vorteil gegenüber Buch ist, dass Schnitzler mit Gastprofessuren in Stanford, Yale und an der LBS mehr internationales Flair versprüht. Zudem passt das Thema ihrer Habilitationsschrift „Solutions to the Sovereign Debt Problem: Countertrade and Foreign Direct Investment“ wie Faust aufs Auge zu den aktuellen Problemen.

Favorit Marin
Die größten Chancen aber dürfte Dalia Marin haben. Ebenso wie Schnitzer ist Marin Professorin an der Uni in München. Und wie Schnitzer forscht sie über internationale Direktinvestitionen, den Einfluss multinationaler Unternehmen und Bankenfragen. Die beiden Ökonominnen haben sogar einige Arbeiten gemeinsam veröffentlicht. Allerdings bietet Marin den Vorteil, dass sie die Ausländerquote im Sachverständigenrat erhöht. Die in Österreich geborene Volkswirtin hat an der Uni in Wien studiert, promoviert und habilitiert. Mit Gastprofessuren in Stanford, Harvard und in New York sowie Berateraufträgen für die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie den Internationalen Währungsfonds kann sie internationale Erfahrungen vorweisen. Zudem passen ihre aktuellen Forschungsergebnisse in die politische Debatte. So kommt Marin in einer aktuellen Studie zu dem Ergebnis, dass sich die Entwicklung der Managergehälter von der Entwicklung des Gewinns ihrer Unternehmen abgekoppelt hat.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler könnte also Glück haben. Wählt er eine der drei Damen für den Rat, sichert er die Frauenquote in dem wissenschaftlichen Beratergremium – und vermeidet so Ärger mit seinen Kabinetts-Kolleginen Ursula von der Leyen und Kristina Schröder.

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