Lieferkürzungen Russland droht Ukraine mit Gas-Lieferstopp

Der russische Gaskonzern Gazprom droht der Ukraine. Der Konzern warte nur bis "15 Minuten vor Neujahr". Danach soll die Lieferung Richtung Kiew beendet werden. Das könnte Deutschlands Versorgung ebenfalls einschränken.

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Alexej Miller, Chef von Russlands Energieriesen Gazprom, droht der Ukraine mit Lieferstopp. Quelle: dpa

dne/HB DÜSSELDORF. Kurz vor dem Jahreswechsel ist der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine eskaliert. Im Streit mit der Ukraine um unbezahlte Rechnungen verschärft der Energiekonzern Gazprom seine Drohungen. Bei ihrem vierten Konflikt um die Gasversorgung binnen vier Jahren forderte Russland die von der Finanzkrise schwer getroffene Ukraine am Wochenende dazu auf, ihre Gasrechnung von umgerechnet 1,4 Mrd. Euro zu begleichen, um einen Lieferstopp zu verhindern.

Vorstandschef Alexej Miller erklärte am Dienstag, der Konzern werde kein Gas mehr an die Ukraine liefern, wenn die Schulden in Höhe von zwei Milliarden Dollar nicht bis zum 31. Dezember bezahlt würden. Von einem Lieferstopp wäre auch Westeuropa betroffen, das etwa ein Viertel seines Erdgasbedarfs aus Russland bezieht, zumeist über Pipelines auf ukrainischem Gebiet. Bereits im Januar 2006 kam es wegen des russisch-ukrainischen Gasstreits zu Versorgungsproblemen.

Die ukrainische Führung hat die russischen Forderungen zurückgewiesen. Kiew wirft Moskau vor, die aktuelle Wirtschaftskrise politisch auszunutzen, um die Ukraine zum Verkauf ihres Gasnetzes an Russland zu zwingen.

Gazprom hat Deutschland und andere Kunden in Europa bereits vor einer "Störung der Lieferstabilität" gewarnt, falls Russland kein Gas mehr in die Ukraine liefert. Rund 80 Prozent des für Europa bestimmten russischen Erdgases fließen durch die Ukraine. Vor zwei Jahren hatte Gazprom der Ukraine zeitweise den Gashahn zugedreht, was auch Lieferungen nach Westeuropa beeinträchtigt hatte.

Die FDP fordert vor diesem Hintergrund Konsequenzen für die deutsche Energiepolitik. Nicht nur der "auf bestimmte Energiequellen eingeengte deutsche Energiemix führt zu weiterer Importabhängigkeit, zum Beispiel von russischem Gas", sagte die energiepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gudrun Kopp, am Dienstag im Gespräch mit Handelsblatt.com.

Auch das gerade gegründete Gaskartell der wichtigsten Gasförderländer nach dem Vorbild der Opec scheine niemanden in der Bundesregierung wirklich zu interessieren. "Dabei wären massive Bemühungen um Diversifizierungen von Lieferquellen dringend notwendig, um drohende Preisdiktate im Energiebereich von der deutschen Volkswirtschaft abzuwenden", betonte Kopp.

Der Iran hatte Russland den Aufbau einer "Gas-Opec" vorgeschlagen, um den Einfluss der großen Gas-Exporteure zu stärken. Als weitere Mitglieder waren Algerien, Katar und Libyen ins Spiel gebracht worden.

Nach Kopps Ansicht gehört zu einer verantwortlichen Energiepolitik zunächst die Existenz eines Energiekonzeptes, das nicht nur Klimaschutz, sondern gleichrangig die Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit auf der Agenda hat. "Aber gerade hier hat die Bundesregierung komplett versagt", kritisierte die FDP-Politikerin.

In diesem Zusammenhang beklagte Kopp auch die Marktmacht der vier großen Energiekonzerne und die hohe Energiepreise. "Auch zehn Jahre nach der Liberalisierung hat es die Bundesregierung nicht geschafft, den größten europäischen Gasmarkt in den Wettbewerb zu überführen", sagte die Energieexpertin. Ständige Erhöhungen von Steuern und Abgaben auf Energie hätten zudem zu einer Preisexplosion "massiv beigetragen", fügte sie hinzu.

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