Populismus befürchtet Papier gegen Volksentscheide auf Bundesebene

Volksentscheide sind nach Ansicht von Verfassungsgerichtspräsident Papier nicht geeignet, um Lösungen für komplexe Sacherverhalte aufzuzeigen. Im Gegenteil: Sie könnten womöglich von populistischen Erwägungen geleitet sein.

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Auf kommunaler Ebene dagegen haben sich Bürgerentscheide nach Papiers Ansicht bei vielen Themen bewährt. Quelle: Reuters Quelle: handelsblatt.com

HB HAMBURG/KARLSRUHE. Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier befürchtet bei einer Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene Populismus. Referenden hätten oft "vereinfachende Fragestellungen" zum Gegenstand und könnten "von populistischen Erwägungen geleitet sein", sagte Papier dem "Hamburger Abendblatt". "So schematisch und populistisch sollte etwa über Reformen der Sozialsysteme oder des Steuerrechts nicht entschieden werden", meinte Papier.

Auf kommunaler Ebene dagegen haben sich Bürgerentscheide seiner Ansicht nach bei vielen Themen bewährt. Als Beispiel nannte er Schul- Themen. Der von den Schweizern per Volksentscheid verfügte Baustopp für Minarette hatte auch in Deutschland eine Diskussion über die Vor- und Nachteile von mehr direkter Mitbestimmung ausgelöst.

Der Präsident des höchsten deutschen Gerichts sprach sich in dem Interview dafür aus, Nachhaltigkeit als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Dies könnte "zu einem Bewusstseinswandel in Deutschland beitragen", sagte Papier. Generationsübergreifende Gerechtigkeit sei von entscheidender Bedeutung - in der Sozialpolitik, der Finanz- und Haushaltspolitik wie in der Klimapolitik. Die Politik müsse sich stärker an den langfristigen Interessen der Gesellschaft orientieren, forderte der Jurist. Nicht selten würden sie aber von den Interessen der gegenwärtigen Generation der Wähler verdrängt, was sich im Handeln der politischen Parteien niederschlage.

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