Reporter ohne Grenzen 2010 wurden mindestens 57 Journalisten getötet

Gewalt und Repressionen haben nach Angaben von Reporter ohne Grenzen auch 2010 den Arbeitsalltag vieler Journalisten bestimmt. Mindestens 57 Journalisten und ein Medienassistent sind in den vergangenen zwölf Monaten während ihrer Arbeit oder wegen ihres Berufs getötet worden.

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Demonstration gegen Journalistenmorde auf den Philippinen. Quelle: dapd

HB BERLIN. In Dänemark ist gerade ein Terroranschlag auf die Zeitung "Jyllands-Posten" vereitelt worden, in Iran sitzen seit Mitte Oktober zwei Mitarbeiter der "Bild am Sonntag" in Haft, die den Sohn der zum Tod durch Steinigung verurteilten Iranerin Sakineh Mohammadi Aschtiani hatten interviewen wollen. Mord, Entführung, Repressalien: Journalisten leben in vielen Ländern gefährlich. 57 Reporter sind dieses Jahr bei ihrer Arbeit getötet worden, 51 Journalisten wurden gekidnappt.

Damit lag die Zahl der Entführungen höher als in den zwei Jahren davor, wie die Organisation Reporter ohne Grenzen am Donnerstag in ihrem Jahresbericht feststellte. Die Zahl der Todesopfer ging hingegen zurück: 2009 waren noch 76 Journalisten getötet worden. Allerdings gab es damals ein Massaker auf den Philippinen, das allein 32 Medienmitarbeiter das Leben kostete.

Journalisten würden immer weniger als neutrale Beobachter gesehen, berichtete Reporter ohne Grenzen. Besonders in Afghanistan und Nigeria seien sie dem Risiko ausgeliefert, verschleppt zu werden. "Journalisten werden zunehmend als eine Art Verhandlungsmasse betrachtet", heißt es in der Bilanz.

Bezeichnend sei auch, dass es immer schwieriger werde, die Verantwortlichen zu finden, wenn Journalisten von kriminellen Banden, bewaffneten Gruppen, religiösen Organisationen oder von staatlicher Seite umgebracht werden. Die Sprecherin von ROG Deutschland, Anja Viohl, sagte am Donnerstag, die Tendenz des Vorjahres habe sich bestätigt, wonach es insbesondere während Wahlperioden zu staatlichen Übergriffen komme. Dies sei 2010 in Weißrussland, Aserbaidschan, der Ukraine und nun in der Elfenbeinküste zu beobachten.

Die Behörden in den betroffenen Ländern trügen eine direkte Verantwortung im Kampf gegen Straflosigkeit im Umfeld der Morde, monierte der Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen, Jean-Francois Julliard: "Wenn die Regierungen nicht alle möglichen Versuche unternehmen, um die Mörder der Journalisten zu bestrafen, machen sie sich zu deren Komplizen." Meist seien organisierte kriminelle Gruppen oder Milizen die Täter.

Die meisten Toten waren in Pakistan zu beklagen, wo elf Journalisten starben. Im Irak verloren sieben Reporter ihr Leben, drei mehr als im Jahr davor. Besonders gefährlich ist es für Medien auch in Mexiko mit seinen brutalen Drogenhändlern. In Europa gab es zwei Todesfälle: In Athen wurde ein Radiochef erschossen, in Lettland ein Zeitungsherausgeber. Ein "trauriger Rekord" ist für Reporter ohne Grenzen, dass in 25 Ländern Kollegen getötet wurden.

Angegriffen oder bedroht wurden dieses Jahr 1374 Reporter (2009: 1456); 535 wurden festgenommen, etwas weniger als zuvor. 504 Medien wurden zensiert (570). In 62 Ländern wird das Internet zensiert. 152 Blogger oder Internetnutzer wurden festgenommen.

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