Beamtenbezüge Pensionslasten sprengen öffentliche Haushalte

Pensionslasten sprengen öffentliche Haushalte Quelle: dpa

Die Pensionslasten von Bund, Ländern und Gemeinden steigen rasant. Allein aus Steuermitteln lassen sich die Ruhestandsbezüge für Beamte nicht mehr finanzieren. Die staatlichen Pensionsfonds sind jedoch noch zu klein, um die öffentliche Hand spürbar zu entlasten.

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Olaf Scholz, Bundesfinanzminister, ist stolz auf die schwarze Null. Er verkauft den Entwurf für den Bundeshaushalt 2020 als solides Zahlenwerk. Dabei kann auch er nicht verhindern, dass die Kosten für Personal und Ruhestandsbezüge einen immer größeren Teil des Etats aufzehren. Insbesondere die wachsenden Beamtenpensionen schränken den Handlungsspielraum von Scholz ein. Allein der Bund muss Pensionslasten von 760 Milliarden Euro stemmen.

Der Staat versorgt derzeit 1,7 Millionen Beamte im Ruhestand. Jedes Jahr kommen Zehntausende Pensionäre hinzu. Anders als Arbeitnehmer haben Beamte nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Der Dienstherr finanziert daher für sie die Pensionen aus Steuermitteln: rund 50 Milliarden Euro pro Jahr. Im Gegensatz zu großen Konzernen, die Kapital für spätere Betriebsrenten zurücklegen, haben die öffentlichen Arbeitgeber für Pensionen kaum Geld angesammelt.

Erst seit Ende der Neunziger bauen Bund, Länder und Kommunen Pensionsfonds auf. Die vier größten Fonds kommen gerade mal auf 48 Milliarden Euro. Das ist weit weniger als Norwegens Staatsfonds, der 970 Milliarden Euro verwaltet. Allerdings hatten die Norweger seit 1990 Zeit und haben in der Zwischenzeit Milliarden aus dem Öl- und Gasgeschäft in das Portfolio eingezahlt. Bis die öffentlichen Fonds in Deutschland ähnliche Dimensionen erreichen, werden noch Jahrzehnte vergehen. Steuereinnahmen werden daher weiterhin einen Großteil der Pensionslasten finanzieren.

Auch wenn es widersprüchlich klingt, aus Anlagesicht ist es ein Segen, dass die deutschen Pensionsfonds noch im Aufbau sind. Denn anders als die privaten Lebensversicherer stehen sie nicht unter dem Druck, gleichzeitig sicher und ertragreich anlegen und regelmäßig Geld auszahlen zu müssen. Beim derzeitigen Niedrigzins sind die Geldmanager der Versicherer nicht zu beneiden. Eigentlich müssten sie mehr in Aktien investieren, weil Anleihen zu wenig abwerfen. Die Vorgaben fürs Risikomanagement und die Versicherungsaufsicht lassen dies aber nicht zu. So sind die Versicherer gezwungen, die Reserven aus alten langlaufenden Zinspapieren aufzuzehren.  

Klar ist allerdings auch, dass Bund, Länder und Kommunen Beamtenpensionen nicht auf ewig nur aus Steuermitteln finanzieren können. Denn die Zahl der Arbeitnehmer, die dem Staat Steuereinnahmen verschaffen, wird kleiner werden, die der Ruheständler größer. Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen glaubt nicht, dass Versorgungsfonds das Problem lösen können. Warum das so ist, sagt er im Interview mit der WirtschaftsWoche:

Herr Raffelhüschen, Bund, Länder und Kommunen versuchen mit Versorgungsfonds die Pensionslasten zu finanzieren. Ist doch eine gute Idee.
Dieser Versuch, Pensionslasten mit Kapital zu hinterlegen, kommt viel zu spät. Die Hauptlast der Beamtenpensionen trifft die Bundesländer bereits zwischen 2020 bis 2030. Dann gehen statt zehn Prozent wahrscheinlich 20 Prozent der Steuereinnahmen in die Beamtenversorgung. Das liegt daran, dass der Staat zwischen 1972 und 1982 die Zahl Beamten verdoppelt hat. Demnächst gehen diese Staatsdiener in den Ruhestand. Wie will die öffentliche Hand bis dahin ausreichend Kapital aufbauen?

Der Staat legt bereits seit Ende der 90er Jahre Geld für Beamte zurück.
Und er hat keine Scheu, dieses Geld wieder abzuzweigen. Für die Pensionen der Postbeamten wurden Telekom-Aktien bei der KfW hinterlegt. Tatsächlich sind sie in die Abwrackprämie für alte Pkw geflossen. Einen Politiker auf Geld aufpassen zu lassen, ist so, als wenn sie einem Hund zwei Knochen geben, und ihm sagen, dass einer davon für später ist. Das kann nicht funktionieren.  

Es liegen aber doch bereits Milliarden in öffentlichen Pensionsfonds.
Leider ist das Geld meist völlig falsch angelegt. Als Kurt Beck, damals Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, einen Versorgungsfonds aufgelegt hat, ließ er ihn fast ausschließlich Schuldverschreibungen des eigenen Landes kaufen. In der Privatwirtschaft wäre das rechtlich gar nicht zulässig.

Norwegens Staatsfonds wird häufig als Vorbild für deutsche Versorgungsfonds genannt.
Der Vergleich ist völlig naiv. Sowohl der Staat als auch die einzelnen Regionen und Kommunen erwirtschaften Haushaltsüberschüsse. Noch weitere 100 Jahre werden Einnahmen aus der Gasförderung fließen. Jedes Jahr fließen mehrere Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Staatsfonds. In Deutschland haben sie bestenfalls eine schwarze Null in den öffentlichen Haushalten. So viel Geld wie nötig wäre, ließe sich daher gar nicht zurücklegen.  

Wenn schon in den Fonds zu wenig Geld ist, dann sollten wenigstens die Rückstellungen in den Länderhaushalten groß genug sein.
Was sie aber nicht sind. Berlin beispielsweise hat mehr ungedeckte Pensionslasten als Schulden. Das ist bei einem so hoch verschuldeten Bundesland schon ein Kunststück. Allein wegen der Pensionslasten wären die meisten Bundesländer nach privatwirtschaftlichen Maßstäben längst insolvent.

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