Raumfahrt Rohstoffsuche auf Ryugu

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Bergbau im All ist hochkomplex und teuer

Was man heute schon weiß: Bergbau im All ist hochkomplex und teuer. Verschiedene Konzepte kursieren. Raumschiffe könnten die obere lockere Gesteinsschicht der Himmelsbrocken absaugen. Oder sich mit Fangseilen und Harpunen im Gestein verankern, um Halt für Bohrungen zu finden. Manche Raumfahrtenthusiasten glauben, dass nur Menschen Weltraumminen erschließen können, die vor Ort Maschinen bedienen und komplizierte Handgriffe durchführen.

Mission Mascot
Ausflug zu einem Asteroiden: Die Raumsonde Hayabusa2 legt bis Mitte 2018 rund 3200 Millionen Kilometer zurück. Quelle: DLR (CC-BY 5.0)
Langsam nähert sich die Sonde im Juni 2018 dem Himmelbrocken Ryugu an und schickt Fotos zurück zur Erde, die immer detailreicher werden. Quelle: Jaxa, University of Tokyo & collaborators
Ein erstes Portraitfoto: 900 Meter groß ist Ryugu. Seine eckige Form überrascht die Forscher. Krater erschweren die Suche nach einer Landestelle. Quelle: Jaxa, University of Tokyo & collaborators
Höhenprofil: Einen Monat lang scannt ein Laser-Instrument auf dem Mutterschiff Hayabusa2 den Asteroiden ab und erstellt eine dreidimensionale Landkarte. Dazu müssen sie die Position des Raumschiffs von der Erde aus, die 300 Millionen Kilometer entfernt ist, auf wenige hundert Meter genau bestimmen. Quelle: National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ), JAXA, Chiba Institute of Technology, University of Aizu, Nihon University, Osaka University
Die Kölner Forscher entscheiden sich für eine Landestelle auf der Südhemisphäre des Asteroiden (blaue Ellipse). Hier wird es am Tag 47 Grad warm und in der Nach 63 Grad kalt – Temperaturen, in denen die Instrumente des Landers noch funktionieren. Quelle: Jaxa, University of Tokyo & collaborators
Beim Abstieg zur Oberfläche fotografiert Mascot seinen eigenen Schatten (oben rechts). 20 Meter ist er nur noch von seinem Ziel entfernt und sinkt weiter hinab, langsam als das Tempo eines Fußgängers. Quelle: Mascot/DLR/Jaxa
Eine fremde Welt: Kurz vor der Landung schießt Mascot aus einer Höhe von etwa 25 bis zehn Metern ein Foto von der zerklüfteten Oberfläche des Asteroiden. Das Gestein ist so dunkel wie Straßenbelag, nur zweieinhalb Prozent des Sonnenlichts werden reflektiert. Quelle: Mascot/DLR/Jaxa

Sie wollen Asteroiden in eine Umlaufbahn um den Mond ablenken – zu einer Raumstation voller Bergarbeiter. Die Nasa hatte eine solche Mission bereits vorbereitet, geschätzte Kosten für die Anlieferung eines Acht-Meter-Boliden: 2,6 Milliarden Dollar. Doch weil der US-Kongress nicht überzeugt war, begrub die Raumfahrtbehörde den Plan im vergangenen Sommer.

Einige Unternehmer halten dennoch an der Idee fest. Die Gründer von Offworld in den USA entwickeln Roboter, die erst auf der Erde, dann auf Asteroiden eingesetzt werden sollen. Das Unternehmen Made in Space arbeitet an 3-D-Druckern, die in der Schwerelosigkeit aus Asteroidenerz Antennen für Satelliten und hochreine Glasfaserkabel bauen. Sie sollen auf der Erde ultraschnelle Datenverbindungen möglich machen. Und die Gründer von Asteroid Mining Corporation in Großbritannien hoffen, eines Tages Platin für Brennstoffzellen oder Medizinimplantate aus dem All zur Erde zu bringen. Eine Raumschiffladung, zehn Tonnen, entspräche fünf Prozent der jährlich auf der Erde geförderten Menge des teuren Materials.

Galaktische Geschäfte: Die wichtigsten Gewerbe im All

Viel einfacher wäre es, erst einmal Wasser aus Asteroiden zu gewinnen. Nötig wäre vielleicht nur ein Sonnenspiegel, der das Gestein erhitzt – und ein Staubsauger, der den Wasserdampf aufnimmt. Wasser ist nicht nur zum Trinken für Astronauten lebenswichtig. Elektrolysegeräte können die Flüssigkeit auch in Sauerstoff und Wasserstoff trennen – Elemente, die sich zusammen als Treibstoff verwenden lassen.

Das Start-up Orbit Fab aus dem Silicon Valley will nächstes Jahr eine erste Tankstelle im Erdorbit platzieren, von der aus Servicesonden Sprit zu Satelliten bringen sollen. Je länger Satelliten im All bleiben, desto profitabler sind sie. Zunächst soll der Treibstoff von der Erde angeliefert werden, aber eines Tages könnte es billiger sein, einen Asteroiden anzuzapfen – weil ein Asteroidenshuttle wegen der geringeren Schwerkraft viel weniger Energie benötigte.

Zwischentanken im Weltall

Asteroidentreibstoff könnte die gesamte Raumfahrt, heute noch ein Milliarden-Dollar-Abenteuer, erheblich verbilligen: Startet eine Rakete von der Erde aus zum Erdorbit, besteht 85 Prozent ihres Gesamtgewichts aus Treibstoff; fliegt sie zum Mars, sind es sogar bis zu 98 Prozent. Jedes Kilogramm, das dabei transportiert wird, kostet mehr als 10.000 Euro. Könnte ein Raumschiff eine Tankstelle im Orbit ansteuern, würden die Kosten erheblich sinken. Die United Launch Alliance baut jetzt schon eine Raumfähre, die unterwegs nachtanken kann – und verspricht Start-ups, 3000 Dollar für den Liter Asteroidensprit zu zahlen.

Deutsche Unternehmen und Institute hätten durchaus Technologien zu bieten, die für den Industriepark im All interessant sein könnten. Kürzlich erst hat die Esa den Bremer Raumfahrtkonzern OHB mit einer technischen Studie beauftragt für die Mission Hera, die Ende 2023 zum Asteroiden Didymos aufbrechen soll. Und Astronaut Alexander Gerst steuerte zuletzt von der Raumstation ISS aus einen DLR-Roboter im oberbayrischen Weßling, der künftig eingesetzt werden könnte, um etwa Solarpaneele auf Asteroiden aus der Ferne zu warten.

Forscher am Massachusetts Institute of Technology rechnen dennoch damit, dass Asteroidenminen erst ab 2035 abheben – wenn die Technologien und billigere Raketenstarts zur Verfügung stehen. Bis dahin werden noch einige Sonden wie Mascot ins Weltall aufbrechen, um die Himmelsbrocken zu erforschen. „Wenn Mascot seinen Job erledigt hat und wir die Daten haben, wird das ein Moment zum Jubeln“, sagt Krause. Für sein Team ist es der Höhepunkt von zehn Jahren Arbeit. Für die Träumer von der Schatzsuche im Weltraum fängt die Arbeit gerade erst an.

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