Reize für das Gehirn Mit diesen fünf Schritten lernen Sie besser

Vorbereitung ist alles: Schüler während der schriftlichen Abiturprüfung. Foto: dpa Quelle: dpa

Lernen will gelernt sein. Unser Gehirn ist besonders dankbar über eine Kombination von Techniken. Im exklusiven Vorabdruck des neuen Buchs von Neurowissenschafler Henning Beck steht, wie Sie besonders effektiv lernen.

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Vergleicht man die populärsten Lerntechniken, fällt auf, dass sie alle eines gemeinsam haben: Sie wollen genau die Art und Weise nutzen, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet und im Gedächtnis verankert. Das geschieht schrittweise, wenn ein Nervennetzwerk viele Möglichkeiten bekommt, sich an einen eintreffenden Reiz anzupassen. Die hier vorgestellten Lerntechniken dringen dabei immer tiefer in den Lernablauf des Gehirns ein.

Stufe 1: Wiederholen
Häufige Wiederholungen sind sicherlich die simpelste Art, sein Gehirn mit Informationen zu trainieren. Es funktioniert auch, wenn die Prüfung unmittelbar im Anschluss erfolgt.

Stufe 2: Zusammenfassen
Zusammenfassungen zu erstellen, sorgt dafür, dass man Informationen nicht nur wiederholt, sondern sogleich verarbeitet. Funktioniert auch für langfristigeren Lernerfolg, solange man es mit Wiederholungen kombiniert und handschriftliche Notizen macht.

Stufe 3: Merkstützen einbauen
Eselsbrücken und Memotechniken unterstützen noch konkreter den Verknüpfungsprozess im Gehirn. Indem man Bilder und Geschichten entwickelt, die das Gehirn noch weitläufiger aktivieren, kann man auch schwer eingängige Informationen verankern (viel mehr aber auch nicht).

Stufe 4: Schaubilder anfertigen
Schaubilder verfeinern das Lernprinzip der Eselsbrücken und haben zusätzlich den Vorteil, dass nicht nur einzelne Daten (wie Vokabeln), sondern ganze Zusammenhänge verarbeitet werden. Sie funktionieren aber nur dann am besten, wenn man selbst ein Schaubild erzeugt und nicht bloß anschaut.

Stufe 5: Sich selbst testen
Durch ein häufiges Sich-selbst-Testen nutzt man das effektivste Lernverfahren des Gehirns. Man reaktiviert eine Erinnerung und führt sie in einen labilen Zustand (denn es ist ja nicht klar, ob die Antwort in einem Test stimmt oder nicht). In diesem Zustand kann man eine Information bestätigen oder auffrischen (indem man den Test auflöst) und anschließend umso robuster ins Gedächtnis „zurücksinken“ lassen.

Exemplarisch zeigen diese Lerntricks, dass es immer darum geht, Informationen erst aufzubereiten und dann zeitlich abgestimmt im Gehirn zu reaktivieren. Es gibt so viele unterschiedliche Ansätze zu sehr individuellen Lernmethoden, dass allein deren wissenschaftliche Auswertung eine Mammutaufgabe ist. Eine Übersichtsstudie aus dem Jahr 2016 untersuchte deswegen 18.956 Einzelstudien mit insgesamt über 13 Millionen untersuchten Personen. Ergebnis: Für den hier beschriebenen Lernprozess erwiesen sich Lerntechniken wie „Eselsbrücken bilden“, „Zusammenfassungen schreiben“ und „Übersichten erstellen“ als besonders effektiv. Am besten funktionierten jedoch Lernmethoden, bei denen neue Informationen mit alten verknüpft wurden (zum Beispiel das Sich-selbst-Testen). 

So modern und neuartig viele Lernmethoden daherkommen, letztendlich sind es nur Variationen dieses Grundprinzips. Man könnte es daher auch „klassisches Lernen“ nennen, also die grundlegende Art, wie wir Informationen aufnehmen, verarbeiten und verfestigen, um sie dann in einer Prüfung parat zu haben. Interessanterweise erfolgen in fast allen wissenschaftlichen Studien zum Thema Lernen am Ende Tests oder Prüfungen, um zu ermitteln, wie gut gelernt wurde. Schließlich lernt man selten ohne Zweck, und bei den meisten besteht der Zweck des Lernens oft darin, eine Prüfung zu bestehen. Klassisches Lernen kann das auch prima unterstützen, und mit Sicherheit werden Sie die Abschlussprüfung besser bestehen, wenn Sie sich von solchen Tricks inspirieren lassen. Doch Lernen ist in dieser Form nichts Besonderes. Denn auch wenn man noch so effizient gelernt hat, heißt das noch nicht, dass man versteht, worum es geht. Verstehen ist weit mehr als Lernen.



Der Text ist ein Auszug aus Henning Becks Buch "Das neue Lernen", das am 28.Februar im Ullstein-Verlag erscheint.

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