Rückversicherer Munich Re stoppt neue Policen mit Schutz vor künftigen Pandemien

Die Münchner Rück leidet stark unter den Folgen der Coronakrise. Derzeit wird geprüft, ob der Versicherer in Zukunft Pandemie-Abdeckung anbietet – vorerst wird pausiert.

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Der Rückversicherer verzeichnet im ersten Halbjahr 1,5 Milliarden Euro Covid-19-bedingte Schäden. Quelle: Reuters

Die Munich Re schließt vorerst keine neue Policen in der Schaden- und Unfallversicherung mehr ab, mit denen sich Kunden gegen künftige Pandemien absichern können. Das sagte Vorstand Torsten Jeworrek in einem Interview mit Bloomberg. Er rechnet gleichzeitig damit, dass der Konzern den Großteil der Corona-Belastungen schon dieses Jahr sehen wird, auch weil bestehende Pandemie-Verträge auslaufen.

„Derzeit prüfen wir, ob wir künftig noch neue Verträge mit einem Schutz vor Pandemien in der Schaden- und Unfallversicherung anbieten. Das ist unter Revision. Für den Moment pausieren wir das, etwa bei neuen Ausfallversicherungen für Veranstaltungen“, erklärte Jeworrek, der sich im Vorstand um das Rückversicherungsgeschäft kümmert. „Es gibt jedoch einzelne Segmente wie Leben oder Gesundheit, in denen wir einen entsprechenden Schutz anbieten müssen und dies auch weiter tun.“

Die Munich Re zählt zu den Versicherern, die stark unter den Folgen der Coronakrise leiden. In den ersten beiden Quartalen beliefen sich die Covid-19-bedingten Schäden bei dem Münchener Unternehmen auf rund 1,5 Milliarden Euro. Ein Großteil davon ging auf die Absage oder Verschiebung von Großveranstaltungen zurück.

Mit Blick auf die Schadensentwicklung im zweiten Halbjahr bleibt Jeworrek vorsichtig. „Jetzt im Sommer scheint sich die Lage zwar etwas beruhigt zu haben, aber wir wissen nicht, was im Herbst noch kommt“, sagte er. „Es könnte sein, dass wir wieder in eine kritische Zeit hineinlaufen, etwa falls es neue Lockdowns geben sollte.“

Für 2021 ist Jeworrek hingegen optimistischer, weil er davon ausgeht, dass die Munich Re den Großteil der Covid-Schäden wahrscheinlich noch in diesem Jahr verarbeiten wird. „Das liegt auch daran, dass die betroffenen Versicherungsverträge meist eine Laufzeit von einem Jahr haben und wir im Moment keine zusätzliche Pandemie-Abdeckung ausgeben. Das dürfte also auslaufen.“

Risiko-Pool vorgeschlagen

Jeworrek sprach sich für die Schaffung von Risiko-Pools mit staatlicher Rückendeckung aus, zu denen die Versicherer einen begrenzten Betrag beisteuern, um künftige Pandemierisiken für Unternehmen abzusichern. „Dabei denken wir nicht nur an kleine Firmen. Große Konzerne schließen wir hier nicht aus“, erklärte er. Es würden derzeit verschiedene Modelle diskutiert. Ob es die Pools am Ende geben wird, sei offen.

Jörg Asmussen, Mitglied der Geschäftsführung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, hatte vor kurzem in einem Interview mit Bloomberg erklärt, dass Pandemierisiken durch die Versicherungsbranche künftig allein nicht abgedeckt werden könnten. Er plädierte ebenfalls für die Schaffung eines Fonds mit staatlicher Beteiligung. Entsprechende Vorschläge seien den Ministerien für Wirtschaft und Finanzen vorgelegt worden.

Ihr Aktienrückkaufprogramm hatte die Munich Re mit Beginn der Pandemie ausgesetzt. Damit will sich der Konzern laut Jeworrek auch für Wachstum rüsten. „Das kann auch Übernahmen mit einschließen, wobei ich mir Zukäufe von klassischen Rückversicherern nur schwer vorstellen kann“, sagte er. Grundsätzlich bevorzuge das Unternehmen weiter organisches Wachstum.

An der Zahlung von Dividenden in diesem Jahr hielt die Munich Re indes fest. Jeworrek sprach sich gegen das von einigen Aufsehern geforderte pauschale Verbot von Dividenden für die Branche aus. „Munich Re managt die eigene Kapitalbasis sehr konservativ und ist ohne Zweifel stark genug, um solche Ausschüttungen vorzunehmen“, sagte er. „Die Deckung aus der Coronakrise ist relativ begrenzt im Vergleich zu anderen Schadensfällen wie beispielsweise dem Hurrikan Katrina oder dem Terrorangriff 9-11.“

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