Schweizer Großbank Credit Suisse will wohl Kunden in Greensill-Affäre Gebühren erlassen

Anleger des im Frühjahr aufgelösten Greensill-Fonds können scheinbar aufatmen. Insidern zufolge sollen die Gebühren der meisten Produkte und Dienstleistungen zurück erstattet werden.

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Die Bank hatte vier Fonds mit insgesamt zehn Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen zusammen mit dem Pleite-Fintech Greensill betrieben. Quelle: Bloomberg

Die Credit Suisse geht nach dem Debakel mit den Greensill-Fonds in die Offensive. Mit einem Gebührenerlass will die Schweizer Großbank bei den Anlegern der aufgelösten Fonds punkten, wie eine mit der Situation vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters sagte. „Dies ist eine Geste des guten Willens.“ Credit Suisse plane, den Kunden quartalsweise die Gebühren auf den meisten Produkten und Dienstleistungen zurückzuerstatten. Dies gelte etwa für Gebühren auf Wertpapierhandel, Vermögensverwaltungsmandate, Anlageberatung und Bankdienstleistungen. Ausgenommen vom Erlass seien etwa Dachfonds von anderen Anbietern. Es sei noch nicht klar, wie lange das Angebot gelte.

Credit Suisse hatte Anfang März die Abwicklung von vier zusammen mit Greensill Capital betriebenen Lieferketten-Finanzierungs-Fonds mit einem Gesamtvolumen von rund zehn Milliarden Dollar eingeleitet. Auslöser war, dass ein Versicherer neue Anlagen des Fonds nicht mehr versichern wollte. Die britisch-australische Greensill stellte daraufhin Insolvenzantrag.

Inzwischen hat die Bank zwar rund sieben Milliarden Dollar des Gesamtvolumens gesichert und davon 6,3 Milliarden an die Anleger zurückgezahlt. Doch die tief hängenden Früchte hat das Institut gepflückt, die Rückzahlung der verbleibenden Gelder dürfte mehr Zeit in Anspruch nehmen. Ob die Kunden am Schluss alles Geld zurückbekommen, ist ungewiss.

Viele Kunden, denen die Greensill-Fonds als Produkte mit einem überschaubaren Risiko verkauft wurden, reagierten verärgert, einzelne haben bereits rechtliche Schritte eingeleitet. Analysten schätzten die möglichen Rechtskosten auf zwei Milliarden Dollar.

„Die Credit Suisse ist sich bewusst, dass die Situation für Kunden, die in die Supply Chain Finance Fonds investiert sind, nicht einfach ist“, erklärte die Bank in einer Stellungnahme. In den vergangenen Monaten habe das Geldhaus mit ihnen mögliche Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Situation gesucht. Die Bank habe dabei ihre Rückmeldungen berücksichtigt und die Realisierbarkeit einer Reihe von Szenarien geprüft. „Als Zeichen der Wertschätzung für diese wichtigen Kundenbeziehungen können wir nun, beginnend in der Schweiz, Sonderkonditionen gewähren.“

„Kostenlose Option“

Die Bank starte mit dem Gebührenbefreiungs-Programm für die am (heutigen) Mittwoch. In einem ersten Schritt seien die Kunden mit Konten in der Schweiz an der Reihe, wie die mit der Situation vertraute Person sagte. Danach werde das Angebot auf andere Regionen ausgedehnt. Das Programm laufe vorerst in den Divisionen Schweiz, Asien-Pazifik und Internationale Vermögensverwaltung. Die Laufzeit sei noch nicht festgelegt worden. Die Bank wisse auch nicht, wie groß die Akzeptanz unter den Kunden sein werde. Dementsprechend sei es schwierig, die Kosten abzuschätzen. Die Managementgebühren auf den Greensill-Fonds selbst strich das Institut bereits im März.

Kunden, die an dem Programm teilnehmen, müssten nicht auf mögliche rechtliche Schritte verzichten. Aber sie müssten sich damit einverstanden erklären, dass jeder Gewinn, den sie aus einem Rechtsstreit ziehen würden, um den Betrag der erhaltenen Rückerstattung gekürzt werde. „Im Grunde genommen ist dies eine kostenlose Option“, erklärte einer der Insider. Ausgeschlossen von dem Programm seien Kunden, die bereits ein Rechtsverfahren eingeleitet hätten.

Bereits im März stand die Frage im Raum, ob Credit Suisse angesichts des Reputationsverlusts und möglichen Klagen von Investoren den betroffenen Kunden entgegen kommen sollte. Die Fonds-Anteile verteilen sich auf rund 1000 Profi-Anleger und Superreiche, die zur Kernkundschaft des Instituts zählen.

Doch von einer direkten Entschädigung der Kunden für mögliche Verluste aus dem Greensill-Debakel nahm die Bank Abstand. Dem Insider zufolge wollte sie keinen Präzedenzfall schaffen. Credit Suisse habe die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma über den Plan informiert, den Kunden die Gebühren zu erlassen.

Die Finma leitete in Zusammenhang mit Greensill bereits im März ein formelles Verfahren gegen Credit Suisse ein. Ende September hatte die Polizei Büros der Bank durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt. Das Verfahren richte sich nicht direkt gegen das Geldhaus, so das Institut. Credit Suisse hat zudem eine eigene Untersuchung zu den Greensill-Vorfällen in Auftrag gegeben. Wann der entsprechende Bericht veröffentlicht wird, ist nicht bekannt.

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