Steigende Energiepreise Wer Billigstrom kauft, muss mit den Konsequenzen leben!

Es ist gut, dass die grünen Minister nun Billigstromanbieter ins Visier nehmen. Und dennoch zielen sie knapp daneben. Quelle: dpa

Die grünen Minister Robert Habeck und Steffi Lemke wollen Verbraucher mit Gesetzen vor der Zockerei von Billigstromanbietern schützen. Dabei ist das zentrale Problem der Schutz der Grundversorger. Ein Kommentar.

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Die Wut ist verständlich. Was der Stromdiscounter Stromio vor Weihnachten getan hat, ist eine Unverschämtheit: Die Lieferungen eingestellt, Zehntausende Kunden düpiert und dann nicht einmal in die Insolvenz gegangen. Zurecht war der Ärger groß, zurecht prüft jetzt die Bundesnetzagentur, ob Stromio seine Kontingente nicht schlicht im Großhandel verkauft hat, statt seine Kunden zu bedienen. Es ist auch gut, dass die grünen Minister – Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck und Umweltschutz- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke – die Billigstromanbieter ins Visier nehmen. Und dennoch zielen sie knapp daneben.

„In gutem Glauben geprellt“

Sie wolle „regulatorische Schritte“ prüfen, um den Billigstromanbietern auf den Leib zu rücken, sagte Lemke der Deutschen Presseagentur: „Wir werden nicht zulassen, dass es bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern abgeladen wird, wenn Billigstromanbieter in die Insolvenz gehen, oder massenhaft Verträge kündigen.“ Und Habeck sagte dem „Handelsblatt“, es müsse verhindert werden, dass „die Leute, die 50 oder 100 Euro sparen wollen, am Ende die Geprellten sind“. Und: „Dass sich die Menschen in dem guten Glauben, ein günstiges Angebot bekommen zu haben, jetzt im teureren Grundversorgungstarif wiederfinden, kann nicht einfach so ohne Konsequenzen bleiben.“

Billiger heißt auch riskanter

Das Argument Lemkes und Habecks lautet im Kern: Die Liberalisierung des Strommarkts ist zu weit gegangen. Ein Stück weit stimmt das auch. Nur nicht in dem Sinn, wie die beiden argumentieren. Denn Verbraucher, die „Geprellten“, wissen im Prinzip, das darf man unterstellen, worauf sie sich einlassen, wenn sie Energie besonders günstig einkaufen. Sie wissen, dass sie besondere Risiken eingehen, wenn sie sich bei Anbietern verdingen, die zocken, Strom kurzfristig günstig einzukaufen, statt sich auf längerfristige, möglicherweise kostspieligere Verträge zu verlassen. Deshalb ist’s ja billig.

Sicher, mehr Transparenz schadet nie. Und es ist wichtig, dass Verbraucher nun auf Schadenersatz klagen, dass Billiganbieter nicht billig aus dieser Nummer rauskommen. Aber man sollte Verbraucherinnen und Verbraucher auch nicht für zu dumm verkaufen. Grundsätzlich ist eindeutig, dass billiger oft eben auch riskanter bedeutet. Und das bedeutet auch: Unannehmlichkeiten akzeptieren zu müssen, wenn’s schiefgeht.

Grundversorger müssen für Risiken einstehen, die sie nicht eingegangen sind

Anders verhält es sich bei der Frage, welche Konsequenzen die Zockerei der Billiganbieter für die Grundversorger hat, Stadtwerke etwa. Denn die müssen unverschuldet für das Gebaren der Billiganbieter zahlen. Von heute auf morgen können ihnen Tausende neue Kunden zukommen, die sie versorgen müssen, möglicherweise mit Strom, der an den Spotmärkten kurzfristig teuer eingekauft werden muss. Die Grundversorger müssen für Risiken einstehen, die sie nie eingegangen sind. Hier gerät der Markt in Schieflage. Klar, wenn Grundversorger mit exzessiven Ersatzversorgungstarifen einen schnellen Euro machen wollen, ist auch das ein Problem. Aber Kunden können ja wieder wechseln. Entscheidend ist also, wie Billigstromanbieter auf ein Absicherungssystem verpflichtet werden können, dass Grundversorger entlastet, wenn die Zocker pleitegehen. Das ist eine Frage der Fairness. Dort ist die eigentliche Gesetzeslücke.

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