Topraks Technik Talk Elektromagnetisches Inferno

Mobilfunkmasten, WLAN-Router, Hotspots und DECT-Telefone – Deutschland versinkt im Funknebel. Alles ganz harmlos, sagen die Experten. Ein Science-Thriller über das WLAN-Komplott.

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Wo ist der nächste Hotspot? Quelle: dpa

Rund 14.200 WLAN-Hotspots gibt es zurzeit in Deutschland, neun Prozent mehr als vor einem Jahr. Die frohe Nachricht kommt vom Hightech-Verband Bitkom. Den drahtlosen Internetzugang gibt es bald überall. Am Flughafen, im Hotel, im Café und natürlich zu Hause. Na prima, dachte ich mir, Sie verwandeln ganz Deutschland in einen Mikrowellen-Ofen. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass die elektromagnetischen Felder praktisch überall sind und an Intensität zunehmen.

Verrückt machen muss man sich deshalb nicht. Denn die unzähligen Studien, die bisher zu dem Thema Mobilfunkstrahlung erschienen sind, scheinen vorläufig Entwarnung zu geben. Keine konnte nachweisen, dass elektromagnetische Felder krank machen. Die geltenden Grenzwerte reichen aus, um die Bevölkerung vor Mobilfunkstrahlung zu schützen, meint das Bundesumweltministerium, das gerade eine längere Studie mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) abgeschlossen hat.

Risiken für Kinder

Schnurlostelefone von Swissvoice und Detete

Ganz sicher sind sich die Experten aber nicht. Egal, wen man fragt, eine Hintertür lässt jeder offen. Die versteckt sich dann meistens hinter Formulierungen wie "derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen" oder "kann derzeit nicht abschließend beantwortet werden". Die möglichen Risiken der permanenten Strahlenbelastung für Kinder werden weiter erforscht, sagt das Umweltministerium. Außerdem plant Umweltminister Sigmar Gabriel ein Gesetz zum Schutz vor nicht ionisierter Strahlung, das die Belastung weiter verringern soll. Ein sinnvoller Schritt. Denn wir wissen noch viel zu wenig über die Auswirkung der Dauerbelastung, die von DECT-Telefonen, WLAN-Routern und Handymasten ausgeht. Jedes Kind, das in den nächsten Jahren in einer Stadt wie Frankfurt oder Berlin aufwächst, wird seine gesamte Kindheit praktisch ununterbrochen im Funknebel verbringen. Ob das so gut ist?

Mobilfunkprovider klären auf

Die Hersteller nehmen das Thema durchaus ernst. Vor allem die Mobilfunkprovider, die darauf angewiesen sind, dass Sendemasten aufstellen zu können. Sie geben Studien in Auftrag, liefern Verhaltens-Tipps oder stellen ihre eigene Position dar. Doch die gefärbte und oftmals schönrednerische Art der Darstellung macht viele Verbraucher erst recht misstrauisch. Dabei gibt es ja gar keinen Grund zur Panik, sondern nur Gründe, die Technik vorsichtig einzusetzen. Es steckt eine gewisse Ironie darin, dass ausgerechnet in der Informationstechnik besonders restriktiv und bisweilen manipulativ mit Informationen umgegangen wird. Kultursoziologen könnten darüber spekulieren, warum gerade die Kommunikationstechnik ein feindliches Verhältnis zum offenen Gedankenaustausch hat. Und ob hier nicht die Anfänge eine Technik-Expertokratie liegen, die versucht, den Verbraucher mit fein dosierten Infos dumm zu halten.

Schöner Stoff für einen Science-Fiction-Film. Interessanterweise zeigt gerade dieses von technischen Visionen bestimmte Filmgenre meistens totalitäre Gesellschaften.

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